Dienstag, 30. Juli 2013

Krokodile

Auf dem Daintree River, nördlich von Cairns, haben wir auf einer Schifffahrt die Krokodile beobachten können. Die letzten Kilometer des Flusses sind Brackwasser und die Wasserhöhe ändert mit den Gezeiten. An den Ufern stehen undurchdringliche Mangrovenwälder. Der Kapitän des Schiffes gibt auch die Kommentare und weiss genau, wo die Krokodile sind. Zu dieser Tageszeit, am Mittag, liegen die erwachsenen Tiere an den Stellen, wo zwischen Mangroven und Fluss eine schlammige Uferbank ist. Er weiss genau, wie nahe er zu ihnen hinfahren kann, ohne sie zu stören. Im Südsommer, Dezember bis Februar, müsste er mehr Distanz halten, dann ist Paarungszeit und die Männchen werden aggressiv.
Er betont mehrmals, wie effizient die Tiere sind: Als Wechselblüter müssen sie sich zu gewissen Tageszeiten am Ufer aufwärmen, und wenn es zu heiss wird, brauchen sie Abkühlung im Fluss. Dort sind sie perfekt getarnt mit ihrer Farbe in den grünbraunen Fluten. Sie warten auf Beute und wenn etwas nahe genug kommt, schnappen sie zu mit ihren unerbittlichen Kiefern. Jedes Krokodil hat sein Revier, die besten Plätze gehören den grössten Männchen. Wir sehen auch ein armlanges Jungtier beim Schwimmen. Bis sie eine gewisse Grösse erreichen, ist ihre Überlebenschance noch nicht sehr gross, für zu viele Feinde ist ein Jungkrokodil ein gesuchter Frass.
In einem anderen Fluss im Daintree sehen wir ein grosses Krokodil in der Nähe einer Brücke. Manche Leute möchten offenbar, dass man es entfernt, zu nahe ist es bei der Strasse, obwohl hier niemand schwimmt oder Kanu fährt. Es stört niemanden, ich hoffe, es darf an seinem Platz bleiben.
Die Aborigines haben die Krokodile nicht gejagt. Mit ihren Speeren war es schwer, den Schuppen-panzer der Tiere zu durchdringen. Und es hiess, dass ein attackiertes Krokodil, wenn es nicht erlegt wird, sich den Geruch des Jägers merkt und ihn holt in einer der kommenden Nächte...
Auch heute sind Krokodilgeschichten noch sehr beliebt. Die Fahrer im Daintree Rainforest erzählen sie gerne unterwegs. Weil ich eine Nacht auf Cape Tribulation blieb, hatte ich zwei verschiedene Fahrer, und so hörte ich die eine Geschichte in zwei Varianten. Ein junger Tourist sieht auf einem der Flüsse ein Krokodil. Um ein spektakuläres Bild zu schiessen, watet er durch das seichte Wasser und nähert sich. Noch immer ist ihm das Tier zu zahm, und er reizt es mit einem Stock. Es beisst zu, glücklicherweise ins Bein, und spuater, im Spital, braucht er siebzig Stiche, um seine Wunde zu nähen. Sein spektakuläres Bild hat er, aber es zeigt ihn, nicht das Krokodil, und erscheint am nächsten Tag in den Zeitungen von Nord-Queensland. Die zweite Variante ist mehr aus der Krokodilperspektive: Sie beginnt gleich. Was mit dem Tourist geschieht, interessiert hier nicht. Hingegen das Krokodil: weil es einen Menschen angriff, muss man es erschiessen, das arme Tier. Ein paar Monate später hat ein doppelt so grosses Krokodil das leergewordene Revier übernommen.


Die Mangroven am Ufer


Das Krokodil


Blick zurück auf die Mündung des Daintree Rivers


Mittwoch, 24. Juli 2013

Schnorcheln

Von Cairns aus habe ich einen Tagesausflug ins Great Barrier Reef gebucht. Dort habe ich zum erstenmal geschnorchelt. Das Boot fährt etwa vierzig Kilometer hinaus und stoppt dann mitten in der grossen blauen Fläche. Vom Festland sehe ich man hier draussen nicht mehr viel, dafür ist gut ersichtlich, wo das Riff aufhört. Der "surf", die Gischt der Pazifikwellen, zeichnet einen langen Strich ins Blau.
Ich bekomme eine Wetsuit (die grösste verfügbare Grösse, und noch so fühle ich mich wie eine Presswurst in ihrer Pelle), Flossen (zuerst muss ich mich daran gewöhnen, mit ihnen zu schwimmen) und eine Maske mit Schnorchel. Wir werden vom Boot ins Wasser gelassen und man hat uns gesagt, in welcher Region wir schwimmen sollen. (Das Wichtige ist ja, dass am Schluss alle wieder auf dem Boot sind. Es gab ja diesen schrecklichen Film, "Open Water", nach einer wahren Geschichte, wo ein Paar nach einem Tauchgang vergessen ging.)
Mit der Tauchmaske kann ich die Unterwasser-Landschaft beobachten und sehe, dass es hier zum Teil ganz seicht ist. Das Schwimmen inmitten der Korallen-Landschaften hat etwas Unwirkliches, Traumhaftes: Neben den vertrauten Korallen-Formen sehen sie zum Teil aus wie Hirschgeweihe, weiter bewundere ich Seeanemonen und Schwämme (einer heisst Hirnschwamm und sieht auch so aus) und Scharen von Fischen: Zebrafische und Zitronenfische, Fische in allen Farben, geisterhafte, halbtransparente Fische, die koffergrossen Maori-wrassen mit ihren hervorquellenden Augen (sie heissen so, weil ihr Kopf und ein Teil ihres Körpers gemustert ist wie eine Maori-Tätowierung). Angst haben sie keine, sie schauen schon, dass ich beim Schwimmen nicht mit ihnen kollidiere.
Im "outer reef" ist das Schnorcheln nicht ganz ohne, es wellt ein bisschen und die Strömungen sind unberechenbar, und ab und zu werde ich auf seichte Stellen getrieben. Ich möchte ja nicht auf die Korallen stehen (die Flossen beschädigen das Riff) und zum Teil sollte man sie ja nicht berühren, es gibt offenbar auch Feuerkorallen: sie brennen wie Nesseln.
Nach dem zweiten Schnorchelgang von gut einer Stunde bin ich erschöpft.
Später, vom Katamaran aus in den Whitsundays Islands, schnorcheln wir wieder. Jede Stelle ist anders, an einem Ort hat es besonders viele Schmetterlingsfische, in einer anderen Bucht sollten sich die Clownfische, die Nemos, zeigen. Aber sie verstecken sich heute, auch für die Taucher, die mit ihren Sauerstoff-flaschen in grössere Tiefen absinken können. Hier ist das Schnorcheln einfacher als im Outer Reef, die Inseln schützen vor dem Wind und den Wellen und auch die Strömungen sind hier viel schwächer. Die Ausrüstung, das merke ich nun, ist auch nicht immer gleich gut. Mit einem geschlossenen Schnorchel und mit einer gut sitzenden Tauchmaske schlucke ich nicht mehr so viel Wasser, und in der warmen Flut könnte ich stundenlang weiterschwimmen und neue Unterwasser-Landschaften entdecken.
Ich glaube, ich habe auch den "crown of thorns starfish" gesehen, also wie ein Seestern sieht er nicht aus, und seine Stacheln ähneln eher Kerzen auf einem Weihnachtsbaum. Er gilt ja als Bedrohung, weil er das Riff kahlfrisst, aber offenbar gehört er auch zum Oekosystem in einem Korallenriff. Auch wenn es nachher für die Beobachter nicht mehr attraktiv aussieht, ist es nicht tot, und mit der Zeit verschwinden die Spuren wieder (am ersten vergleichbar mit den Jahren nach einem Waldbrand). Ein Problem ist er nur, wenn er zu zahlreich auftritt an gewissen Stellen des Riffes.
Am letzten Tag sehe ich eine Wasser-Schildkröte, an den anderen Stellen, wo sie zu beobachten sind, habe ich sie verpasst (ich war nicht zur richtigen Zeit am richtigen Ort). Ich schwimme die längste Zeit mit ihr, es ist wunderschön, ihr zuzusehen, wie sie im Wasser halb fliegt, halb schwebt.