Freitag, 20. September 2013

Hunter Valley

Vor ein paar Wochen sind wir mit der Exchange Teacher's league ins Hunter Valley gefahren. Es liegt etwa drei Stunden Fahrzeit nördlich von Sydney und ist eines der ältesten Weingebiete Australiens. Nicht ganz so berühmt wie Barossa Valley bei Adelaide, das vor allem für seine Rotweine bekannt ist.
Um neun Uhr morgens begann die erste Degustation, etwas ungewohnt, zu dieser frühen Zeit Weiss- und Rotweine zu probieren.
Das Weingut, Petersens, liegt in schöner Lage inmitten der Rebstöcke. Hügel im Hintergrund, alles blüht, obwohl es meteorologisch gesehen erst Vorfrühling ist. Die Weine, die wir hier und in anderen Weinkellern probieren: Bei den Weissen Sauvignon Blancs (keiner schmeckt mir wirklich), Chardonnays (zum Teil gut) – ich glaube, Weissweine sind die Stärke des Hunter Valleys. Rote hat es Shiraz, Pinot Noir uind Merlot (sie schmecken hier am besten, die anderen sind nicht mit den s üdaustralischen Roten vergleichbar).
Einige Weingüter haben Spezialitäten, Riesling etwa, war hier offenbar vor Jahrzehnten Mode, schlechte Qualität und ist deshalb jetzt seltener (und gut, wenn angebaut). Pinot Grigio geht in geeigneter Lage auch, Gewürztraminer hat es in einem Keller auch (hat sich nicht durchgesetzt, weil das hier niemand aussprechen kann...) Bei den Roten Nebbiolo und im dritten Weingut auch einen Tempranillo (aber da hatten wir schon so viel verschiedene Sorten probiert, dass sich die Unterschiede verwischten).
Gewisse Weinsorten schmecken hier nirgends, also der Moscato ist für meinen Geschmack überall mit Alkohol versetzter Kindersirup. (Um ehrlich zu sein. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich in Italien zum letztenmal einen ansprechenden Moscato getrunken habe.) Die Süssweine: in englischsprachigen Ländern machen sie ja gerne Eiswein, das geht hier nicht, es fehlen die Frostnächte, also produziert man aus den Trauben mit der Edelfäule Botrytis (ich glaube, so heisst das) Dessertweine. Also ich finde, sie schmecken alle ein wenig künstlich.
Die Nachfrage nach den Hunter-Valley-Weinen ist grösser als das Angebot, und so kaufen die Weinkellereien zum Teil Trauben in South Australia und produzieren Weine (vor allem rote) aus Trauben von dort und schenken sie zur Degustation aus. Also das ist irgendwie auch seltsam, wenn ich hier bin, möchte ich die Weine aus der Gegend probieren.
Interessant ist es, wenn die Person, die ausschenkt, auch Hintergrund-Informationen geben kann. Zum Beispiel erfahre ich, dass der Film "Sideways" die Trinkgewohnheiten in den USA und offenbar auch in Australien geändert hat. Die Pinot Noir-Verkaufszahlen sind hochgeschnellt, und Merlot ist weniger beliebt. Also ich habe die Meinungen der Hauptfiguren über Wein in dieser Filmkomödie über Degustationen in den kalifornischen Weingebieten so wenig ernst genommen wie ihr übriges Verhalten...
Ein bisschen sind die Weindegustationen ja auch Hochstapelei, vieles kann ich schmecken, Cassis, Brombeeren, Kiwis, Zitronen, einmal liege ich richtig, als ich sage, dass der Rotwein aus dem Eichenfass (barrique) kommt. Aber zum Teil sind die blumigen Weinbeschreibungen süffiger als die Tropfen, die nachher folgen. Sehr schwierig finde ich es, Rotweine zu beurteilen, die jetzt noch zu jung zum Trinken sind und ein paar Jahre gelagert werden müssen. Aber wie entwickeln sie sich in dieser Zeit? Das ist Roulette mit Flaschen...
Im Unterschied zu den Profis spucken wir den degustierten Wein nicht wieder aus. Aber es bewährt sich, nicht jedes der angebotenen Gläschen ganz zu leeren. Wenn der Inhalt nicht mundet, wandert er in den grossen Kübel in der Mitte.


Wieder sind Ferien und es gibt einen Unterbruch in meinem Blog. In den nächsten zwei Wochen reise ich von Adelaide im Süden Australiens durch den Outback via Uluru und Alice Springs nach Darwin im Norden.

Montag, 9. September 2013

Wahlen

Fast seit ich hier bin, ist Wahlkampf. Die Schule hatte kaum begonnen, als die damalige Labor-Premierministerin Julia Gilliard Ende Januar den Wahltermin für den 14. September ankündigte. Ende Juni kam es zu einer Palastrevolution, sie wurde durch ihren Vorgänger Kevin Rudd (aus der gleichen Partei) ersetzt. Der Wahltermin war damit aufgeschoben (hier kann der Premierminister entscheiden, wann gewählt werden soll – endlos kann er den Termin aber nicht hinausschieben) und erst ein paar Wochen später wurde die Wahl auf den 7. September festgesetzt.
Es gibt hier wie in vielen Ländern zwei Kammern. Das Repräsentantenhaus  (150  Sitze) wird in einem Majorzsystem gewählt. The winner takes all, oder fast. Brighton-le-sands zum Beispiel gehört zum Wahlbezirk Barton. Wer hier wohnt, wählt eine Kandidatin oder einen Kandidaten. Der Vertreter der Labor hatte heute Morgen  38  Stimmen Vorsprung. (Eine der acht Sitze, die in der Zeitung noch "undecided" sind.) Diese Stimmen sind aber nicht alle für ihn abgegeben worden, die kleinen Parteien, die in den Wahlen zum Repräsentantenhaus keine Chancen haben, geben Preferences ab. Wenn ich also zum Beispiel die Australian Sex Party wähle (die gibt es wirklich), kann es durchaus sein, dass meine Stimme am Schluss beim Labor-Kandidaten landet. (Hingegen enden die Stimmen für die Stable Population Party wohl eher bei den Liberalen / Nationalen).
Für die kleine Kammer, den Senat, ist das Ganze noch komplizierter. Die Einwohner von New South Wales wählen zwölf Senatoren. Man kann einer Partei die Stimme geben (above the line) oder man hat die Möglichkeit, sämtliche Kandidatinnen und Kandidaten durchzunummerieren (below the line): Nummer  1  möchte ich am liebsten, und so weiter. Gerade wenn die Zahl der Möchtegerne-Senatorinnen und Senatoren gross ist, etwas mühsam. Und auch hier gibt es wieder Preferences. Auch die grossen Parteien geben sie ab. Wenn einer ihrer Senatoren mehr als die nötigen Stimmen erhält, zählen diese Stimmen also eventuell für eine kleine Partei. Das hat zur Folge, dass Splittergruppen sehr wahrscheinlich im Senat besser vertreten sein werden als im Repräsentantenhaus.
Auf jeden Fall, das Ganze ist so kompliziert, dass niemand es durchschaut (für den Senat liegen die Zahlen noch nicht vor) und dass es schwierig ist, einzuschätzen, wer von der abgegebenen Stimme am Schluss wirklich profitiert.
Verloren hat die Wahl eine unbeliebte Partei mit einem beliebten Premierminister. Korruptionsskandale unter den Vertretern der "unions" und Machtkämpfe innerhalb der Partei haben zum schlechtesten Labor-Wahlergebnis seit der Grossen Depression geführt. Die Murdoch-Presse (Schlagzeile des Daily Telegraph: Kick this mob out) hat das ihre dazu beigetragen.
Der Wahlsieger, Tony Abbott: Nicht wirklich beliebt, schwierig einzuschätzen. Gerade im Bildungsbereich befürchtet man Sparmassnahmen, er will die Staatsverschuldung abbauen (im Vergleich mit europäischen Ländern nicht sehr hoch). Er hat eine Gabe, in Fettnäpfchen zu treten: er betont zum Beispiel den "sex appeal" einer Kandidatin, statt über ihre politische Einstellung zu sprechen. In Syrien kämpfen "baddies" gegen "baddies". Und zum Schluss, da kann man nur schwer widersprechen: "No man is the suppository of wisdom" (auf deutsch etwa: Kein Mensch ist das Zäpfchen der Weisheit). Das hat natürlich zu unzähligen Kommentaren über und unter der Gürtellinie geführt. Ganz erfrischend in einem Wahlkampf mit viel Verbal-Diarrhöe...