Mittwoch, 20. November 2013

Opale und Kängurus

Coober Pedy, ein paar hundert Kilometer nördlich von Adelaide, ist heute die grösste Opalmine der Welt. Schon bei der Anreise sehen wir die Maulwurfshügel, die vom Abbau stammen. Am Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts hat man hier Opale entdeckt, und Wasser, noch fast wichtiger für diese Ortschaft mitten in der Wüste. Die Halbedelsteine waren so perfekt, dass es eine Weile dauerte, bis sie in Europa und Amerika akzeptiert wurden – die Juweliere glaubten zuerst an Fälschungen, weil die Opale nicht dem Bild entsprachen, den sie, gewohnt an die Steine aus Osteuropa, hatten.
Noch jetzt zieht der Opalanbau jede Menge von Abenteurern an. Jeder "patch" ist nur klein, und wer mehrere von ihnen aufkauft, muss sich verpflichten, auf jedem von ihnen eine bestimmte Anzahl von Tagen am Abbau der Steine zu arbeiten. Das hat zur Folge, dass es keine grossen Opalkompanien gibt, die den Untergrund durchwühlen. Bohrmaschinen und die Maschinen zum Abtransport des tauben Gesteins – sie gleichen Riesenstaubsaugern – kann man mieten, und dann beginnt das Graben in der richtigen Richtung. Für den, der Glück hat, finden sich die Halbedelsteine dann in einer gewissen Tiefe. Sobald man auf eine Opalader trifft, versagen die Maschinen – die Weiterarbeit geschieht immer noch mit dem Pickel. In den Läden von Coober Pedy sehen wir Opale in allen Grössen und das Spiel ihrer Farben zeigt alle Töne der Palette.
Der grösste Teil von Coober Pedy ist unterirdisch, auch unser Hotel. Diese Wohnungen unter dem Boden liegen oft ganz in der Nähe der Minen – am Schluss der langen Arbeit unter Tag wurde ein weiterer Stollen zur Unterkunft gebaut. Im Laufe der Jahre wurden diese Wohnungen immer luxuriöser, und heute schützen sie gegen das unbarmherzige Klima der Stadt: heisse Tage ohne jeden Schatten (Bäume fehlen hier) – und kalte Nächte. Unter dem Boden bleibt die Temperatur konstant. Für mich ist der Schlaf in unserem unterirdischen Hotel nicht perfekt – zu gross die Stille, kein Ruf eines Vogels, keine Grille zirpt, und der Wechsel der Tageszeiten, vom Eindämmern am Abend bis zum Hellerwerden am Morgen, fehlt.
Hier besuchen wir auch das Kangaroo Sanctuary, wo sich ein Ehepaar um verwaiste Kängurus kümmert. Die roten Kängurus, die in Zentralaustralien leben, sind viel scheuer als die grauen Kängurus in Küstennähe. Wir haben vor ein paar Tagen das Glück gehabt, ein paar von ihnen zu sehen in vollem Lauf – oder Flug, möchte ich fast schreiben, ihre Sprünge sind so gross, dass es scheint, sie würden den Boden kaum berühren. Unsere Gruppe spendet eine Büchse Baby-Milchpulver (offenbar auch für Kängurus geeignet).
Hier erfahren wir viel über diese Tiere, die zusammen mit den Emus das australische Wappen tragen. Leider werden sie oft von Touristen gefüttert, obwohl sie die angebotenen Nahrungsmittel gar nicht vertragen. Schon eine Banane kann für sie tödlich sein. Die grösste Gefahr ist aber der Verkehr. Obwohl die Autos nicht sehr zahlreich sind (auf gewissen Strecken hat es pro Tag vielleicht ein Dutzend Fahrzeuge), kommt es immer wieder zu Kollisionen (wir sehen viel "roadkill" am Strassenrand). Sie hüpfen nämlich häufig einer Strasse entlang und ganz plötzlich und unerwartet überqueren sie sie. Oft hört man, das liege an der Dummheit der Tiere. Ich glaube, das stimmt nicht ganz, offenbar verwenden sie seit Generationen in Gefahr immer die gleichen Fluchtpfade, zu ihrem Unglück, wenn einer von ihnen eine Strasse überquert, die erst in den letzten Jahren entstanden ist.
Die "joeys", Jungkängurus im Beutel der Mutter, überleben dann oft und werden im Sanctuary mit der Flasche aufgezogen, wenn sie eine gewisse Grösse haben. Nach der Geburt sind sie ja nicht viel mehr als gummibärchengross. Ein paar Gramm mehr müssen sie dann schon haben für eine erfolgreiche Aufzucht. Wir sehen den Jungtieren bei ihren Sprüngen zu, noch sind sie unsicher auf den Beinen, und nach einer Weile verschwinden sie wieder in den Taschen, die als Beutelersatz dienen.






























Beim Füttern der Kängurus (nur mit dem hier gekauften, offiziell erlaubten Kängurufutter natürlich)






























Jungkänguru in Kängurutasche



Jungkänguru an der Flasche

Mittwoch, 13. November 2013

Uluru

Nach einer langen, langen Busfahrt von Coober Pedy nach Yulara, fast tausend Kilometer durch den Outback in das rote Herz Australiens, sehen wir endlich Uluru / Ayers Rock am Horizont. Mount Connor, der Berg, etwa zwei Stunden vorher, auch "Mount Fool-uru" genannt, weil viele Touristen ihn schon für Uluru halten, jedenfalls auf den ersten Blick, hat uns nicht genarrt – zu verschieden seine tischartige Form von den bekannten Bildern.
Am Sonnenuntergang am ersten Abend wäre ich der Masse von Uluru-Besuchern gerne entkommen, aber das Glas Champagner vor dem berühmten Panorama gehört zum Programm, die Mitreisenden verstehen schon nicht, warum ich den unzähligen Photo-Aufnahmen "X. vor Uluru" nicht noch eine weitere hinzufügen will. Der Reiseführer erinnert uns mehrmals daran, in regelmässigen Abständen Bilder vom Felsen zu schiessen, damit wir uns nachher vergewissern können, dass sich die Farben wirklich ändern. Ich nehme mir die Zeit, neben all dem Trubel auch hinzuschauen und kann den Wechsel der Töne schon jetzt sehen, nicht erst in den Aufnahmen.
Im Besucherzentrum finde ich in einem Interview mit einem der Aborigines eine Stelle, die meine Stimmung gut wiedergibt: Er wundert sich, dass sich die Besucher nur mit ihren Kameras beschäftigen, statt sich auf Uluru, ein wichtiger spiritueller Ort in der Tradition der lokalen Aborigines, einzulassen und etwas von seiner Kraft zu spüren.
Am übernächsten Morgen machen wir die Wanderung rund um Uluru (offenbar nehmen sich nur etwa ein Prozent der Besucher die Zeit dafür, die meisten kommen nur für den Sonnenuntergang und vielleicht für eine Fahrt um den "rock"). Ganz allein sind wir auch hier nicht, denn es ist empfehlenswert, loszugehen, bevor die Sonne am Mittag und Nachmittag unbarmherzig herunterbrennt. Aber die Leute verteilen sich auf dem Weg.
Am Anfang kommen wir an einer Stelle vorbei, wo sich im ausgehöhlten Felsen regelrechte Zimmer befinden: das Schulzimmer mit Ocker-Malereien, der Platz, wo die Alten gerne sassen. Ein wenig später führt der Weg in eine Schlucht im Felsen und ganz hinten eine Stelle mit Wasser, das ganze Jahr über, eine kleine Oase. Überlebenswichtig früher in dieser trockenen Gegend. Auf der gegenüberliegenden Seite hat es eine zweite Wasserstelle, und hier ist es ganz still, die meisten Besucher sparen sich diesen Umweg.
In den Stunden auf dem Weg um den Felsen wird die Sicht auf Uluru nie langweilig. Stellenweise sind abenteuerliche Erosionsformen zu sehen, dann sind die Wände wieder ganz glatt. Oft gehören auch Geschichten zu den Formationen, an einer Stelle trafen zum Beispiel die Speere ein Ungeheuer, das die Aborigines angriff. Und manchmal gleicht der ganze Berg einem grossen, schlafenden Tier, einem Elefanten vielleicht mit einer Haut aus Sandstein.
Es ist erstaunlich, wie viel Grün hier zu finden ist. Hier im Zentrum hat es generell mehr Vegetation als weiter südlich. Aber im Allgemeinen sind die Bäume zundertrocken und uralt (bis ihre Wurzeln in der Tiefe Wasser finden, braucht es Jahrzehnte). Die Landschaft am Fusse von Uluru gleicht stellenweise einem Garten, der Schatten des Felsens schützt offenbar vor der schlimmsten Austrocknung.
Der Aufstieg auf den Uluru ist nicht möglich wegen heftigen Winden auf dem Gipfel. Am Tag vorher haben wir die Kletterer im Gänsemarsch aufsteigen sehen, also attraktiv sah das nicht aus. Es ist ja sowieso etwas zwiespältig: Ausdrücklich verboten ist der Marsch auf Uluru eigentlich nicht, aber man erwartet eigentlich, dass die Besucher darauf verzichten... (es ist offenbar auch nicht ganz ungefährlich).
Nicht das einzige Paradox hier in der Gegend: es ist erwünscht, dass die Aborigines-Bezeichnung Uluru verwendet wird, nicht mehr den Namen, den die ersten Kolonisatoren dem Felsen gaben, Ayers Rock. Aber in Yulara, der Ortschaft in der Nähe, heisst ein Teil immer noch "Ayers Rock Resort", ohne jeden Hinweis auf den zweiten Namen.
Viel ist darüber geschrieben worden, wieso Uluru eine so grosse Anziehung auf die Touristen ausübt. Ein Grund ist sicher, dass es "the rock" ist, die platonische Idee eines Felsens in der Wüste. Für mich sind die Erosionsspuren ein wichtiger Teil der Faszination: Uluru wird noch in der Wüste stehen, wenn wir lange verschwunden sind, aber in den Jahrmillionen schleifen Wind und Wetter auch ihn ab und lassen ihn verschwinden. Ein bisschen wie in dem Märchen mit dem grossen Berg und dem Vögelchen, das alle hundert Jahre seinen Schnabel daran wetzt: Eines Tages ist der Berg ganz abgetragen, und dann ist die erste Sekunde der Ewigkeit vorbei.






























Uluru – der Wechsel der Farben bei Sonnenuntergang: von ocker...






























...zu rot.































Uluru: Spuren der Erosion








































Eine der glatten Wände von Uluru































Wasserstelle am Fusse von Uluru



Uluru: Sonnenaufgang

Dienstag, 5. November 2013

Sportarten

Hier in Australien probiere ich ab und zu etwas Neues aus, und inzwischen haben sich eine Handvoll Sportarten angesammelt, die ich hier unten kennengelernt habe.
Sandboarden: im April auf Kangaroo Island (in der Nähe von Adelaide) sind wir auch an einer Dünenlandschaft namens "Little Sahara" vorbeigekommen – die Tourorganisatorin hatte ein paar Sandboards dabei. Nur jemand schaffte es, den Abhang wie auf einem Snowboard hinunterzusurfen – der Widerstand des Sandes ist viel grösser als der von Schnee und es ist gar nicht so einfach, auch an den steilen Stellen, die Bretter in Bewegung zu bringen. Vielleicht war es auch zu feucht, die kleinen Boards funktionierten jedenfalls überhaupt nicht und auf den grossen hatten wir am meisten Erfolg, wenn wir auf ihnen sassen wie auf einem Schlitten. Als "Wachs" verwendeten wir Möbelpolitur, ich hoffe, es gibt in dieser Gegend keine ökologischen Spätschäden wegen all den Sandboardern, die den selben Trick benutzen. Ich war der einzige, der das Board auch auf dem Bauch liegend brauchte, ziemlich abenteuerlich, jedes Sandhügelchen erscheint aus dieser Perspektive wie ein riesiger Berg, vor allem, wenn ich auf Kollisionskurs war. Ich glaube, ohne einen Mund voll Sand in Kauf zu nehmen, ist diese Sportart nicht praktizierbar.
Sea-Kayaking: im Juli bei Cape Tribulation machte ich einen halbtägigen Kayak-Ausflug. Am Anfang schien alles ganz einfach, ich musste nur die Balance halten im Boot, und mit den Rudern brauchte es auch ein bisschen Ausprobieren, um sie effizienter einzusetzen. Schwierig wurde es erst, als wir das Kap umquert hatten und gegen den Wind, die Wellen und die Strömung ankämpfen mussten. Irgendeine der Wellen brachte mich aus dem Gleichgewicht, und ich kenterte. Mit Hilfe des Ausflug-leiters schaffte ich es mit Müh und Not wieder in mein Kayak, und für die restliche Strecke nahm er mich ins Schlepptau. (Nachher sagte er, er mache kaum einen Ausflug, wo er die Schleppleine nicht brauche.) Schön nachher die Bucht, in der wir landeten: mit dem Boot schafft man es auch an Orte, die zu Fuss nur schwer erreichbar wären (und motorisiert schon gar nicht). Auf dem Rückweg verbanden wir die Boote und der Tour-leiter setzte ein kleines Segel: erstaunlich, wie schnell wir zurück waren, ohne die Ruder benutzen zu müssen.
Surfen: auch im Juli, in Noosa, besuchte ich eine Kurzeinführung in diese in Australien so beliebte Sportart. Die Organisation war nicht ideal, zu viele Schülerinnen und Schüler hatte unser Surflehrer zu betreuen. Nur einmal hatte ich an diesem Nachmittag das Gefühl, auf dem Brett liegend eine Welle zu reiten, aber dann hätte ich aufstehen sollen, und was an Land, bei der Trockensurf-übung, wunderbar funktionierte, schaffte ich, auf dem schwankenden Brett, natürlich nicht. Was ich gerne gelernt hätte: worauf man achten muss bei der Auswahl der Welle, den richtigen Punkt zu erwischen. Jetzt war ich auf den Surflehrer angewiesen, der ab und zu vorbeikam und mich auf eine Welle setzte (er hatte aber noch viele andere zu betreuen). Die richtige Position auf dem Brett, auch im Liegen schon wichtig: da merkte ich schnell einmal durch "trial and error", was funktionierte und was nicht. Beim Warten fragte ich mich schon ab und zu, wieso ich dieses grosse Brett unter dem Arm hatte, mit einer Sicherheitsleine mit meinem Bein verbunden. Ich glaube, ich hätte die Wellen im Schwimmen mehr genossen...
City to Surf: jeden August rennen oder gehen fast zehntausend Leute in Sydney die Strecke vom Zentrum der Stadt zum Bondi Beach (14 km). Ich war in der "Rexona group", die am Schluss startet, also wer wirklich rennen will, muss versuchen, in eine der vorderen Gruppen zu kommen. So war das Ganze ein zügiges Gehen, nach zwei Stunden war ich im Ziel. (Das einzige, was nicht funktionierte, war die persönliche Zeitmessung, trotz Chip in der Startnummer.) Der Anlass ist auch ein "charity event", viele Teilnehmer sammeln für einen guten Zweck, und so waren Läufer in den verschiedensten "onesies" (einteilige Anzüge) zu sehen, zum Beispiel als Bären verkleidet, bei den frühlingshaften Temperaturen ziemlich schweisstreibend (so kam der Sponsor unserer Gruppe, Rexona, trotz dem gemütlichen Tempo doch noch zum Einsatz). Und in einer kurzen Laufpause war es auch möglich, bei einem Karaoke-Auftritt ein bisschen zu verschnaufen.





























Der Surfstrand in Noosa





























Bondi Beach an einem ruhigen Sonntagmorgen (am City to Surf sind etwas mehr Leute in der Bucht)