Nördlich von Adelaide ist die Landschaft noch grün, wir durchqueren Claire Valley, ein Weingebiet nicht ganz so berühmt wie das nahegelegene Barossa. Später, nördlich von den Flinders Ranges, beginnt der Outback. Weite Teile davon sind wüstenartig. Wir übernachten zum Beispiel in einer Schaf-"station", Beltana, die konfortabelste Unterkunft auf der ganzen Reise. Die Farm ist ungefähr so gross wie der Kanton Zürich, deshalb ist es kein Wunder, dass wir von den Schafen und Kühen (etwa 8500 Stück) nichts sehen. Sie suchen schattigere Plätze, nicht unbedingt an den Strassen, lieber in der Nähe von einer der Wasserstellen.
Wir fragen, wie denn das Leben in dieser abgelegenen Gegend so aussieht. Nichts von abgelegen, sagt die Besitzerin, praktisch jeden Tag reisen Leute durch, übernachten hier und erzählen von anderen Gegenden. Die Farm ist sehr aufwändig, schon nur die Tiere zu finden, ist oft nicht ganz einfach, und am Nachmittag ist im Sommer die Hitze zu gross für Arbeiten ausserhalb des Schattens, deshalb beginnt der Arbeitstag schon am frühen Morgen. Wunderbar das Abendessen auf Beltana, Schafsbraten vom Barbecue, schön der Sternenhimmel, kein Restlicht einer Stadt stört die Sicht auf die Milchstrasse, und ruhig die Nacht, kein Verkehr zu dieser Zeit.
Am nächsten Tag besichtigen wir einen Ockersteinbruch. Hier finden sich die verschiedensten Ockertöne, und die Aborigines sind früher von weit her hierhin gekommen, Ocker war wichtig für die Körperbemalung in verschiedenen Zeremonien und für die "rock art".
Später fahren wir am Südufer von Lake Eyre vorbei. Es ist der grösste der zahlreichen Salzseen im Innern Australiens, endlos erstreckt sich die weisse Fläche, und hier wurden in den sechziger Jahren die Geschwindigkeits-rekorde von Landfahrzeugen gebrochen. Alle paar Jahre füllt er sich mit Wasser.
Inmitten der Wüste eine Quelle, ein halbes Dutzend Leute haben in diesem natürlichen Whirlpool Platz.
Riesige Süsswasser-vorkommen befinden sich in der östlichen Hälfte Australiens unter dem Boden. An einigen Stellen so nahe, dass sie leicht angebohrt werden können, und dann sprudelt das Wasser für Jahrzehnte.
Die nächste Nacht verbringen wir in Williams Creek, hier hat es nur ein halbes Dutzend ständige Einwohner. Ich hoffe, sie geraten nicht in Streit, es wäre schrecklich, wenn zum Beispiel zwei davon nicht mehr miteinander sprechen.
Die Strassen: der Highway ist komfortabel, aber sobald man ihn verlässt, kann es unbequem werden. Oft sind die Nebenpisten ungeteert. Alles ist gut, wenn sie in den letzten Monaten einmal präpariert wurden, aber stellenweise ist die Fahrt im Bus über die Wellbrettpisten doch sehr holprig, vor allem bei unerwarteten Löchern (deshalb der Name Schlaglöcher).
Mitten in der Wüste besuchen wir den Künstler Talk-Alf in seiner "Oase". Er arbeitet mit Talk oder Speckstein, und er zeigt uns auch, wie der weiche Stein zu Talkumpuder zerrieben werden kann. Alfs Name ist doppelsinnig, "he loves to talk". Viele seiner Steinskulpturen enthalten gemeisselte Buchstaben, und er interpretiert die Lettern des Alphabeths auf seine Weise. A für Adam, dem Mann. breitbeinig steht er in der Gegend. B für die Frau (wegen der Busenform), und so weiter durch das ganze ABC. Die Sonne ist ein O, eine Person, die die Sonne betrachtet ein P. Die Bahn der Sonne vom Horizont, wo sie aufgeht, zum entgegengesetzten Horizont, wo sie untergeht, ein S (und erst auf der Weiterfahrt im Bus frage ich mich, wieso sie dabei zweimal die Richtung ändert). Deshalb das Dollarzeichen (wieso das S durchgestrichen ist, kann ich nicht mehr rekonstruieren). W steht für Wellen und Wasser, wie zum Beispiel im englischen Wort "well" für Brunnen. "Welcome" (oder wel-kom, wie Alf es schreibt) ist zusammengesetzt aus "well" und "kom": K ist jemand, der die Sonne (O) anbetet, M sind die Berge im Hintergrund (zwei Gipfel). Wir sind nicht alle sechsundzwanzig Buchstaben durchgegangen, aber Alfs Philosophie ist ansteckend, und ich glaube, ich könnte die fehlenden Zeichen ergänzen (vor allem nach ein paar Stunden an der Sonne). Wir belächeln den Künstler ein wenig auf der Weiterfahrt, nach Jahren allein in der Wüste hat er sich seine eigene Welt erschaffen. Aber vielleicht bin ich manchmal auch ein kleiner Talk-Alf, kreiere einen Sinn, wo ich keinen sehe, und lege mir eine Geschichte zurecht.
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Morgenstimmung in Beltana Station
Ockersteinbruch
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Outback, Lake Eyre im Hintergrund