Freitag, 20. Dezember 2013

Wie bei den Hobbits

Fast am Ende meines Australienjahres kommt mir meine Zeit hier unten ein wenig vor wie Bilbo Baggins (oder Beutlin in der deutschen Ausgabe) Abenteuer im "Hobbit".
Trotz aller Planung und Vorbereitung (Visabeschaffung, Formulare noch und noch) war ich bei der Abreise nicht sicher, ob ich nicht vielleicht doch die Taschentücher vergessen hatte... Und oft habe ich mich gefragt, wieso ich eigentlich meine bequeme Hobbithöhle verlassen habe. Ob ich für die Zwerge mehr Ballast war oder eine Hilfe bei ihren Abenteuern, müssen sie selber beurteilen.
Ich habe auf jeden Fall Berge bestiegen und Wüsten durchquert, den grossen roten Felsen besucht und bin von Spinnen attackiert worden (siehe Bild unten), habe mich mit Drachen herumgeplagt (auch wenn es vielleicht nur Papierdrachen waren), Rätsel gestellt und gelöst und habe die Elfen singen gehört in ihrem seltsamen Gebäude nahe am Hafen. Und ich habe viele viele Menschen kennengelernt, Schülerinnen und Schüler aus den verschiedensten Kulturen, Kolleginnen und Kollegen an der Schule, auch sie mit ganz unterschiedlichem Hintergrund, andere Austauschlehrerinnen und -lehrer mit ähnlichen oder zusätzlichen Schwierigkeiten (Chatswood High School ist eine Schule mit einem bescheidenen Anteil von Problemschülerinnen und -schülern, in anderen Suburbs sieht es in den öffentlichen Schulen anders aus, dort sammeln sich fast nur noch die Problemfälle und alle andern werden in Privatschulen geschickt), Mitreisende aus den verschiedensten Ländern, Reiseführer, Begegnungen unterwegs.

Jetzt habe ich das letzte Mal Gelegenheit, herumzureisen (Tasmanien, dann geht es mit dem Schiff nach Melbourne / Victoria) und nachher bleibt mir noch Zeit für ein paar Blog-Impressionen von meiner Reise und dann heisst es Koffer packen...































Einer der Berge (oder Hügel), den ich bestiegen habe:
Auf Mount Olson Bagge (oder Baggins?) in den Flinders Ranges nördlich von Adelaide































Hier singen die Elfen (ich habe Donizettis "Don Pasquale", Brittens "War requiem" und den "Messiah" von Händel gehört)




Der Angriff der Spinne

Mittwoch, 18. Dezember 2013

Litchfield National Park

Auf dem Rückweg vom Kakadu National Park nach Darwin haben wir den viel kleineren Litchfield National Park besucht. Aber hier führen die Wasserfälle das ganze Jahr Wasser, das Gestein wirkt hier offenbar so wie eine Art Schwamm und speichert das Wasser – im Gegensatz zu Kakadu, wo die Fälle saisonal bedingt austrocknen oder nur als kleine Rinnsale sichtbar sind. Natürlich wären die Fluten, die hier herunterstürzen, mitten in der Monsunsaison viel grösser als zur Zeit unseres Besuchs, am Ende der Trockenzeit anfangs Oktober.
Zuerst besichtigen wir verschiedene Termitenhügel, sie prägen hier im Norden die Landschaft. Gewisse Arten der oft mit Ameisen verwechselten Insekten leben ebenfalls in Staaten. Die Bauten der Riesentermiten wirken wie Dome (mit einem Einschlag von Gaudìs Sagrada Familia), weit grösser als ich. Die hohen Türme haben einen Kamineffekt und kühlen die Nester.
Die Magnettermiten dagegen richten ihre Hügel, die eher wie Grabsteine aussehen, alle in der gleichen Richtung aus. Da sie blind sind, orientieren sie sich offenbar am Magnetfeld der Erde.

Der erste Wasserfall, Florence Falls, liegt in einem kleinen Tal. Wunderbar bei den tropisch feucht-heissen Temperaturen das Bad im Teich an seinem Fuss, und wir können hier tatsächlich unter den Wasserfall schwimmen und uns die Fluten auf den Kopf prasseln lassen.
Auf dem Rückweg nehmen wir die längere Route einem Bach entlang. Fledermäuse hängen hier massenweise in den Bäume, und ich sehe, dass ein paar von ihnen von einem Raubvogel attakiert werden. Riesige Spinnen hängen in ihren Nestern zwischen tropischen Farnen und Palmen.
Der zweite Wasserfall, Wangi Falls (wenn ich mich richtig erinnere, die Namen sind leicht verwechselt) ist einfacher erreichbar und wohl deshalb stärker besucht. Hier stört nur ein Presslufthammer die Ruhe, am Weg für die Besucher muss hier etwas repariert werden. Doch wenn ich genug weit herausschwimme im Teich, der hier etwas grösser ist, höre ich nichts mehr von diesem Lärm.








































Hügel der Riesentermiten































Hügel der Magnettermiten




Florence Falls































Wangi Falls

Mittwoch, 11. Dezember 2013

Kata Tjuta und Watarrka

Die Kata Tjutas, von den Europäern auch Olgas genannt, sind schon von Uluru aus sichtbar. Die Fahrt zu den sechsunddreissig Felshügeln dauert dann doch eine halbe Stunde, in der topfebenen (Halb-)wüste sind Erhebungen meilenweit zu sehen. Hier haben wir den walk durch das Valley of the Winds, ganz im Westen der Hügelkette, gemacht.
Als Wanderung ist diese Route anspruchsvoller als der Rundweg um Uluru. Es geht hinauf und hinunter, oft folgen wir nur Wegspuren über Geröll, und der Pfad führt durch Schluchten und über Pässe, wobei einige der Felsformationen von ganz nahe zu sehen sind. Stellenweise wird der Weg wieder flacher und der Blick öffnet sich über die nächsten Wellen aus Stein. Die beiden Wasserstellen sind wichtig, auch am Morgen ist die Hitze schon recht gross und ich bin froh, dass ich meine Flasche hier wieder auffüllen kann.

Watarrka, auch Kings Canyon genannt, liegt ein paar Stunden Fahrt nördlich von Uluru (wobei die Strasse einen grossen Umweg macht, die direkte Route ist durch den Salzsee Lake Amadeus versperrt) und südlich von Alice Springs. Wir wanderten hier der Krete entlang rund um den Canyon. Ähnlich wie Uluru war auch Watarrka ein wichtiger Ort für die Aborigines. Ein Hauptgrund ist sicher die vielfältige Vegetation rund um die Schlucht.
Wir trampen hier sozusagen durch die Küche der Einheimischen, und unser Führer zeigt uns all die essbaren Pflanzen und Früchte, die sich hier finden. Wir sehen auch die berühmten Ghost Gum Trees mit ihren schneeweissen Stämmen. Der australische Maler Albert Namatjira, ein Aborigines, hat die Landschaft hier oft in seinen Bildern dargestellt. Man dachte oft, er verfremde die Farben, ähnlich wie zum Beispiel die Maler des Blauen Reiters in Europa. Später, in Alice Springs, habe ich in einer Buchhandlung die Gelegenheit, ein Buch mit seinen Bildern zu sehen: es ist erstaunlich, wie realistisch er die Bäume und Sträucher am Rande von Kings Canyon wiedergegeben hat.
Am oberen Ende steigen wir in die Schlucht hinunter, grosse Felsen versperren den direkten Weg von unten, und ruhen uns an einem kleinen See aus, umrundet von Palmen, Farnen und weiteren tropischen Pflanzen. Die Stelle heisst "The Garden of Eden", kein Engel mit Flammenschwert vertreibt uns, aber nach einer Weile zieht es uns doch zurück in die Kultur mit ihren klimatisierten Häusern.































Kata Tjutas: eine der Engstellen im Valley of the Winds































Kata Tjutas: Hügel...































Kata Tjutas: ... um Hügel...































Kata Tjutas: ... um Hügel: sind's wirklich sechsundreissig?































Watarrka: ein Ghost Gum Tree































Watarrka: ein typisches Bild vom Rand der Schlucht































Watarrka: die Wände des Canyons sind zum Teil wie mit dem Messer geschnitten































Watarrka, the Garden of Eden: die einzige Aufnahme, wo man ein bisschen etwas sieht
Das Grün ist stellenweise noch viel dichter, aber die grossen Hell-Dunkel-Kontraste und die Reflexion auf dem Wasser machen das Photographieren schwierig

Montag, 9. Dezember 2013

Ned Kelly

Ned Kelly ist ein australischer Bushranger aus dem neunzehnten Jahrhundert, der die Leute hier auch heute noch beschäftigt. Einige sehen ihn als eine Art Robin Hood-Figur, andere betonen seine Verbrechen. Ned machte das ländliche Victoria, die Gegend nördlich von Melbourne unsicher. Die australischen Kleinstädte, auch in New South Wales und in South Australia, haben oft etwas Verschlafenes, die Zeit ist dort stehengeblieben – in den fünfziger Jahren, nur manchmal ist nicht klar, ob  1850  oder  1950. Manchmal hat es noch einen Bahnhof, wo schon lange keine Züge ankommen. Sonst nichts ausser einer Kirche und ein paar Pubs, wo die Leute darauf warten, dass etwas geschieht – und ein paar von ihnen wären nicht unglücklich, wenn ein neuer Ned Kelly in ihr Städchen reiten würde.
Ned war ein Pferde- und Viehdieb, manchmal hat man ihn und seine Gang wohl auch beschuldigt, obwohl sie nichts mit dem Verschwinden der Tiere zu tun hatten, später hat er auch ein paar Banken überfallen, je kleiner die Ortschaft, wo sie waren, desto besser. Umgebracht hat er bei den Überfällen niemanden, die Opfer kamen mit dem Schrecken (und mit erleichterten Kassen) davon.
Die Polizei war immer auf seinen Fersen, und die Polizisten haben sich dabei zum Teil mehr als ungeschickt angestellt und nicht gemerkt, dass die "Verfolgten" ganz in der Nähe waren und sie zum Teil in eine Falle lockten. Dabei kam es auch zu Schiessereien mit Todesopfern.
Ned bastelte sich eine Rüstung mit Helm, die seinen Kopf und Körper schützte. Bei der grossen Schiesserei am Schluss seiner "Karriere", mit anschliessendem Hotelbrand, nützte ihm seine Rüstung aber nur teilweise, sie verhinderte, dass er tödlich getroffen wurde, die Treffer in Arme und Beine führten aber schliesslich dazu, dass er kampfunfähig gefangen genommen wurde. Man transportierte ihn nach Melbourne, wo er durch den Strang hingerichtet wurde.
In der Nationalgalerie in Canberra befindet sich die Ned Kelly-Serie, gemalt vom australischen Maler Sydney Nolan. Anhand dieser in einem naiven Stil gemalten Bilder ist es leicht, die ganze Geschichte zu rekonstruieren: Ned reitet in seiner berühmten Rüstung aus, die Polizisten, die in verfolgten, stürzende Pferde, der letzte Prozess. Viele australische Schulkinder besuchen diesen Teil der Galerie (der Eintritt ist gratis für alle), und es ist erstaunlich, wie viel sie wissen über Ned Kelly: seine Wortwechsel mit dem Richter, seine letzten Worte vor der Hinrichtung ("Such is life").






























Einer dieser Bahnhöfe, wo der Zug schon lange nicht mehr durchkommt































Pub / Laden / Hotel irgendwo im Nirgendwo (es handelt sich zwar um ein Bild aus Südaustralien, aber es könnte ebenso gut eine Aufnahme aus Victoria / New South Wales sein)