Freitag, 20. Dezember 2013

Wie bei den Hobbits

Fast am Ende meines Australienjahres kommt mir meine Zeit hier unten ein wenig vor wie Bilbo Baggins (oder Beutlin in der deutschen Ausgabe) Abenteuer im "Hobbit".
Trotz aller Planung und Vorbereitung (Visabeschaffung, Formulare noch und noch) war ich bei der Abreise nicht sicher, ob ich nicht vielleicht doch die Taschentücher vergessen hatte... Und oft habe ich mich gefragt, wieso ich eigentlich meine bequeme Hobbithöhle verlassen habe. Ob ich für die Zwerge mehr Ballast war oder eine Hilfe bei ihren Abenteuern, müssen sie selber beurteilen.
Ich habe auf jeden Fall Berge bestiegen und Wüsten durchquert, den grossen roten Felsen besucht und bin von Spinnen attackiert worden (siehe Bild unten), habe mich mit Drachen herumgeplagt (auch wenn es vielleicht nur Papierdrachen waren), Rätsel gestellt und gelöst und habe die Elfen singen gehört in ihrem seltsamen Gebäude nahe am Hafen. Und ich habe viele viele Menschen kennengelernt, Schülerinnen und Schüler aus den verschiedensten Kulturen, Kolleginnen und Kollegen an der Schule, auch sie mit ganz unterschiedlichem Hintergrund, andere Austauschlehrerinnen und -lehrer mit ähnlichen oder zusätzlichen Schwierigkeiten (Chatswood High School ist eine Schule mit einem bescheidenen Anteil von Problemschülerinnen und -schülern, in anderen Suburbs sieht es in den öffentlichen Schulen anders aus, dort sammeln sich fast nur noch die Problemfälle und alle andern werden in Privatschulen geschickt), Mitreisende aus den verschiedensten Ländern, Reiseführer, Begegnungen unterwegs.

Jetzt habe ich das letzte Mal Gelegenheit, herumzureisen (Tasmanien, dann geht es mit dem Schiff nach Melbourne / Victoria) und nachher bleibt mir noch Zeit für ein paar Blog-Impressionen von meiner Reise und dann heisst es Koffer packen...































Einer der Berge (oder Hügel), den ich bestiegen habe:
Auf Mount Olson Bagge (oder Baggins?) in den Flinders Ranges nördlich von Adelaide































Hier singen die Elfen (ich habe Donizettis "Don Pasquale", Brittens "War requiem" und den "Messiah" von Händel gehört)




Der Angriff der Spinne

Mittwoch, 18. Dezember 2013

Litchfield National Park

Auf dem Rückweg vom Kakadu National Park nach Darwin haben wir den viel kleineren Litchfield National Park besucht. Aber hier führen die Wasserfälle das ganze Jahr Wasser, das Gestein wirkt hier offenbar so wie eine Art Schwamm und speichert das Wasser – im Gegensatz zu Kakadu, wo die Fälle saisonal bedingt austrocknen oder nur als kleine Rinnsale sichtbar sind. Natürlich wären die Fluten, die hier herunterstürzen, mitten in der Monsunsaison viel grösser als zur Zeit unseres Besuchs, am Ende der Trockenzeit anfangs Oktober.
Zuerst besichtigen wir verschiedene Termitenhügel, sie prägen hier im Norden die Landschaft. Gewisse Arten der oft mit Ameisen verwechselten Insekten leben ebenfalls in Staaten. Die Bauten der Riesentermiten wirken wie Dome (mit einem Einschlag von Gaudìs Sagrada Familia), weit grösser als ich. Die hohen Türme haben einen Kamineffekt und kühlen die Nester.
Die Magnettermiten dagegen richten ihre Hügel, die eher wie Grabsteine aussehen, alle in der gleichen Richtung aus. Da sie blind sind, orientieren sie sich offenbar am Magnetfeld der Erde.

Der erste Wasserfall, Florence Falls, liegt in einem kleinen Tal. Wunderbar bei den tropisch feucht-heissen Temperaturen das Bad im Teich an seinem Fuss, und wir können hier tatsächlich unter den Wasserfall schwimmen und uns die Fluten auf den Kopf prasseln lassen.
Auf dem Rückweg nehmen wir die längere Route einem Bach entlang. Fledermäuse hängen hier massenweise in den Bäume, und ich sehe, dass ein paar von ihnen von einem Raubvogel attakiert werden. Riesige Spinnen hängen in ihren Nestern zwischen tropischen Farnen und Palmen.
Der zweite Wasserfall, Wangi Falls (wenn ich mich richtig erinnere, die Namen sind leicht verwechselt) ist einfacher erreichbar und wohl deshalb stärker besucht. Hier stört nur ein Presslufthammer die Ruhe, am Weg für die Besucher muss hier etwas repariert werden. Doch wenn ich genug weit herausschwimme im Teich, der hier etwas grösser ist, höre ich nichts mehr von diesem Lärm.








































Hügel der Riesentermiten































Hügel der Magnettermiten




Florence Falls































Wangi Falls

Mittwoch, 11. Dezember 2013

Kata Tjuta und Watarrka

Die Kata Tjutas, von den Europäern auch Olgas genannt, sind schon von Uluru aus sichtbar. Die Fahrt zu den sechsunddreissig Felshügeln dauert dann doch eine halbe Stunde, in der topfebenen (Halb-)wüste sind Erhebungen meilenweit zu sehen. Hier haben wir den walk durch das Valley of the Winds, ganz im Westen der Hügelkette, gemacht.
Als Wanderung ist diese Route anspruchsvoller als der Rundweg um Uluru. Es geht hinauf und hinunter, oft folgen wir nur Wegspuren über Geröll, und der Pfad führt durch Schluchten und über Pässe, wobei einige der Felsformationen von ganz nahe zu sehen sind. Stellenweise wird der Weg wieder flacher und der Blick öffnet sich über die nächsten Wellen aus Stein. Die beiden Wasserstellen sind wichtig, auch am Morgen ist die Hitze schon recht gross und ich bin froh, dass ich meine Flasche hier wieder auffüllen kann.

Watarrka, auch Kings Canyon genannt, liegt ein paar Stunden Fahrt nördlich von Uluru (wobei die Strasse einen grossen Umweg macht, die direkte Route ist durch den Salzsee Lake Amadeus versperrt) und südlich von Alice Springs. Wir wanderten hier der Krete entlang rund um den Canyon. Ähnlich wie Uluru war auch Watarrka ein wichtiger Ort für die Aborigines. Ein Hauptgrund ist sicher die vielfältige Vegetation rund um die Schlucht.
Wir trampen hier sozusagen durch die Küche der Einheimischen, und unser Führer zeigt uns all die essbaren Pflanzen und Früchte, die sich hier finden. Wir sehen auch die berühmten Ghost Gum Trees mit ihren schneeweissen Stämmen. Der australische Maler Albert Namatjira, ein Aborigines, hat die Landschaft hier oft in seinen Bildern dargestellt. Man dachte oft, er verfremde die Farben, ähnlich wie zum Beispiel die Maler des Blauen Reiters in Europa. Später, in Alice Springs, habe ich in einer Buchhandlung die Gelegenheit, ein Buch mit seinen Bildern zu sehen: es ist erstaunlich, wie realistisch er die Bäume und Sträucher am Rande von Kings Canyon wiedergegeben hat.
Am oberen Ende steigen wir in die Schlucht hinunter, grosse Felsen versperren den direkten Weg von unten, und ruhen uns an einem kleinen See aus, umrundet von Palmen, Farnen und weiteren tropischen Pflanzen. Die Stelle heisst "The Garden of Eden", kein Engel mit Flammenschwert vertreibt uns, aber nach einer Weile zieht es uns doch zurück in die Kultur mit ihren klimatisierten Häusern.































Kata Tjutas: eine der Engstellen im Valley of the Winds































Kata Tjutas: Hügel...































Kata Tjutas: ... um Hügel...































Kata Tjutas: ... um Hügel: sind's wirklich sechsundreissig?































Watarrka: ein Ghost Gum Tree































Watarrka: ein typisches Bild vom Rand der Schlucht































Watarrka: die Wände des Canyons sind zum Teil wie mit dem Messer geschnitten































Watarrka, the Garden of Eden: die einzige Aufnahme, wo man ein bisschen etwas sieht
Das Grün ist stellenweise noch viel dichter, aber die grossen Hell-Dunkel-Kontraste und die Reflexion auf dem Wasser machen das Photographieren schwierig

Montag, 9. Dezember 2013

Ned Kelly

Ned Kelly ist ein australischer Bushranger aus dem neunzehnten Jahrhundert, der die Leute hier auch heute noch beschäftigt. Einige sehen ihn als eine Art Robin Hood-Figur, andere betonen seine Verbrechen. Ned machte das ländliche Victoria, die Gegend nördlich von Melbourne unsicher. Die australischen Kleinstädte, auch in New South Wales und in South Australia, haben oft etwas Verschlafenes, die Zeit ist dort stehengeblieben – in den fünfziger Jahren, nur manchmal ist nicht klar, ob  1850  oder  1950. Manchmal hat es noch einen Bahnhof, wo schon lange keine Züge ankommen. Sonst nichts ausser einer Kirche und ein paar Pubs, wo die Leute darauf warten, dass etwas geschieht – und ein paar von ihnen wären nicht unglücklich, wenn ein neuer Ned Kelly in ihr Städchen reiten würde.
Ned war ein Pferde- und Viehdieb, manchmal hat man ihn und seine Gang wohl auch beschuldigt, obwohl sie nichts mit dem Verschwinden der Tiere zu tun hatten, später hat er auch ein paar Banken überfallen, je kleiner die Ortschaft, wo sie waren, desto besser. Umgebracht hat er bei den Überfällen niemanden, die Opfer kamen mit dem Schrecken (und mit erleichterten Kassen) davon.
Die Polizei war immer auf seinen Fersen, und die Polizisten haben sich dabei zum Teil mehr als ungeschickt angestellt und nicht gemerkt, dass die "Verfolgten" ganz in der Nähe waren und sie zum Teil in eine Falle lockten. Dabei kam es auch zu Schiessereien mit Todesopfern.
Ned bastelte sich eine Rüstung mit Helm, die seinen Kopf und Körper schützte. Bei der grossen Schiesserei am Schluss seiner "Karriere", mit anschliessendem Hotelbrand, nützte ihm seine Rüstung aber nur teilweise, sie verhinderte, dass er tödlich getroffen wurde, die Treffer in Arme und Beine führten aber schliesslich dazu, dass er kampfunfähig gefangen genommen wurde. Man transportierte ihn nach Melbourne, wo er durch den Strang hingerichtet wurde.
In der Nationalgalerie in Canberra befindet sich die Ned Kelly-Serie, gemalt vom australischen Maler Sydney Nolan. Anhand dieser in einem naiven Stil gemalten Bilder ist es leicht, die ganze Geschichte zu rekonstruieren: Ned reitet in seiner berühmten Rüstung aus, die Polizisten, die in verfolgten, stürzende Pferde, der letzte Prozess. Viele australische Schulkinder besuchen diesen Teil der Galerie (der Eintritt ist gratis für alle), und es ist erstaunlich, wie viel sie wissen über Ned Kelly: seine Wortwechsel mit dem Richter, seine letzten Worte vor der Hinrichtung ("Such is life").






























Einer dieser Bahnhöfe, wo der Zug schon lange nicht mehr durchkommt































Pub / Laden / Hotel irgendwo im Nirgendwo (es handelt sich zwar um ein Bild aus Südaustralien, aber es könnte ebenso gut eine Aufnahme aus Victoria / New South Wales sein)

Mittwoch, 20. November 2013

Opale und Kängurus

Coober Pedy, ein paar hundert Kilometer nördlich von Adelaide, ist heute die grösste Opalmine der Welt. Schon bei der Anreise sehen wir die Maulwurfshügel, die vom Abbau stammen. Am Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts hat man hier Opale entdeckt, und Wasser, noch fast wichtiger für diese Ortschaft mitten in der Wüste. Die Halbedelsteine waren so perfekt, dass es eine Weile dauerte, bis sie in Europa und Amerika akzeptiert wurden – die Juweliere glaubten zuerst an Fälschungen, weil die Opale nicht dem Bild entsprachen, den sie, gewohnt an die Steine aus Osteuropa, hatten.
Noch jetzt zieht der Opalanbau jede Menge von Abenteurern an. Jeder "patch" ist nur klein, und wer mehrere von ihnen aufkauft, muss sich verpflichten, auf jedem von ihnen eine bestimmte Anzahl von Tagen am Abbau der Steine zu arbeiten. Das hat zur Folge, dass es keine grossen Opalkompanien gibt, die den Untergrund durchwühlen. Bohrmaschinen und die Maschinen zum Abtransport des tauben Gesteins – sie gleichen Riesenstaubsaugern – kann man mieten, und dann beginnt das Graben in der richtigen Richtung. Für den, der Glück hat, finden sich die Halbedelsteine dann in einer gewissen Tiefe. Sobald man auf eine Opalader trifft, versagen die Maschinen – die Weiterarbeit geschieht immer noch mit dem Pickel. In den Läden von Coober Pedy sehen wir Opale in allen Grössen und das Spiel ihrer Farben zeigt alle Töne der Palette.
Der grösste Teil von Coober Pedy ist unterirdisch, auch unser Hotel. Diese Wohnungen unter dem Boden liegen oft ganz in der Nähe der Minen – am Schluss der langen Arbeit unter Tag wurde ein weiterer Stollen zur Unterkunft gebaut. Im Laufe der Jahre wurden diese Wohnungen immer luxuriöser, und heute schützen sie gegen das unbarmherzige Klima der Stadt: heisse Tage ohne jeden Schatten (Bäume fehlen hier) – und kalte Nächte. Unter dem Boden bleibt die Temperatur konstant. Für mich ist der Schlaf in unserem unterirdischen Hotel nicht perfekt – zu gross die Stille, kein Ruf eines Vogels, keine Grille zirpt, und der Wechsel der Tageszeiten, vom Eindämmern am Abend bis zum Hellerwerden am Morgen, fehlt.
Hier besuchen wir auch das Kangaroo Sanctuary, wo sich ein Ehepaar um verwaiste Kängurus kümmert. Die roten Kängurus, die in Zentralaustralien leben, sind viel scheuer als die grauen Kängurus in Küstennähe. Wir haben vor ein paar Tagen das Glück gehabt, ein paar von ihnen zu sehen in vollem Lauf – oder Flug, möchte ich fast schreiben, ihre Sprünge sind so gross, dass es scheint, sie würden den Boden kaum berühren. Unsere Gruppe spendet eine Büchse Baby-Milchpulver (offenbar auch für Kängurus geeignet).
Hier erfahren wir viel über diese Tiere, die zusammen mit den Emus das australische Wappen tragen. Leider werden sie oft von Touristen gefüttert, obwohl sie die angebotenen Nahrungsmittel gar nicht vertragen. Schon eine Banane kann für sie tödlich sein. Die grösste Gefahr ist aber der Verkehr. Obwohl die Autos nicht sehr zahlreich sind (auf gewissen Strecken hat es pro Tag vielleicht ein Dutzend Fahrzeuge), kommt es immer wieder zu Kollisionen (wir sehen viel "roadkill" am Strassenrand). Sie hüpfen nämlich häufig einer Strasse entlang und ganz plötzlich und unerwartet überqueren sie sie. Oft hört man, das liege an der Dummheit der Tiere. Ich glaube, das stimmt nicht ganz, offenbar verwenden sie seit Generationen in Gefahr immer die gleichen Fluchtpfade, zu ihrem Unglück, wenn einer von ihnen eine Strasse überquert, die erst in den letzten Jahren entstanden ist.
Die "joeys", Jungkängurus im Beutel der Mutter, überleben dann oft und werden im Sanctuary mit der Flasche aufgezogen, wenn sie eine gewisse Grösse haben. Nach der Geburt sind sie ja nicht viel mehr als gummibärchengross. Ein paar Gramm mehr müssen sie dann schon haben für eine erfolgreiche Aufzucht. Wir sehen den Jungtieren bei ihren Sprüngen zu, noch sind sie unsicher auf den Beinen, und nach einer Weile verschwinden sie wieder in den Taschen, die als Beutelersatz dienen.






























Beim Füttern der Kängurus (nur mit dem hier gekauften, offiziell erlaubten Kängurufutter natürlich)






























Jungkänguru in Kängurutasche



Jungkänguru an der Flasche

Mittwoch, 13. November 2013

Uluru

Nach einer langen, langen Busfahrt von Coober Pedy nach Yulara, fast tausend Kilometer durch den Outback in das rote Herz Australiens, sehen wir endlich Uluru / Ayers Rock am Horizont. Mount Connor, der Berg, etwa zwei Stunden vorher, auch "Mount Fool-uru" genannt, weil viele Touristen ihn schon für Uluru halten, jedenfalls auf den ersten Blick, hat uns nicht genarrt – zu verschieden seine tischartige Form von den bekannten Bildern.
Am Sonnenuntergang am ersten Abend wäre ich der Masse von Uluru-Besuchern gerne entkommen, aber das Glas Champagner vor dem berühmten Panorama gehört zum Programm, die Mitreisenden verstehen schon nicht, warum ich den unzähligen Photo-Aufnahmen "X. vor Uluru" nicht noch eine weitere hinzufügen will. Der Reiseführer erinnert uns mehrmals daran, in regelmässigen Abständen Bilder vom Felsen zu schiessen, damit wir uns nachher vergewissern können, dass sich die Farben wirklich ändern. Ich nehme mir die Zeit, neben all dem Trubel auch hinzuschauen und kann den Wechsel der Töne schon jetzt sehen, nicht erst in den Aufnahmen.
Im Besucherzentrum finde ich in einem Interview mit einem der Aborigines eine Stelle, die meine Stimmung gut wiedergibt: Er wundert sich, dass sich die Besucher nur mit ihren Kameras beschäftigen, statt sich auf Uluru, ein wichtiger spiritueller Ort in der Tradition der lokalen Aborigines, einzulassen und etwas von seiner Kraft zu spüren.
Am übernächsten Morgen machen wir die Wanderung rund um Uluru (offenbar nehmen sich nur etwa ein Prozent der Besucher die Zeit dafür, die meisten kommen nur für den Sonnenuntergang und vielleicht für eine Fahrt um den "rock"). Ganz allein sind wir auch hier nicht, denn es ist empfehlenswert, loszugehen, bevor die Sonne am Mittag und Nachmittag unbarmherzig herunterbrennt. Aber die Leute verteilen sich auf dem Weg.
Am Anfang kommen wir an einer Stelle vorbei, wo sich im ausgehöhlten Felsen regelrechte Zimmer befinden: das Schulzimmer mit Ocker-Malereien, der Platz, wo die Alten gerne sassen. Ein wenig später führt der Weg in eine Schlucht im Felsen und ganz hinten eine Stelle mit Wasser, das ganze Jahr über, eine kleine Oase. Überlebenswichtig früher in dieser trockenen Gegend. Auf der gegenüberliegenden Seite hat es eine zweite Wasserstelle, und hier ist es ganz still, die meisten Besucher sparen sich diesen Umweg.
In den Stunden auf dem Weg um den Felsen wird die Sicht auf Uluru nie langweilig. Stellenweise sind abenteuerliche Erosionsformen zu sehen, dann sind die Wände wieder ganz glatt. Oft gehören auch Geschichten zu den Formationen, an einer Stelle trafen zum Beispiel die Speere ein Ungeheuer, das die Aborigines angriff. Und manchmal gleicht der ganze Berg einem grossen, schlafenden Tier, einem Elefanten vielleicht mit einer Haut aus Sandstein.
Es ist erstaunlich, wie viel Grün hier zu finden ist. Hier im Zentrum hat es generell mehr Vegetation als weiter südlich. Aber im Allgemeinen sind die Bäume zundertrocken und uralt (bis ihre Wurzeln in der Tiefe Wasser finden, braucht es Jahrzehnte). Die Landschaft am Fusse von Uluru gleicht stellenweise einem Garten, der Schatten des Felsens schützt offenbar vor der schlimmsten Austrocknung.
Der Aufstieg auf den Uluru ist nicht möglich wegen heftigen Winden auf dem Gipfel. Am Tag vorher haben wir die Kletterer im Gänsemarsch aufsteigen sehen, also attraktiv sah das nicht aus. Es ist ja sowieso etwas zwiespältig: Ausdrücklich verboten ist der Marsch auf Uluru eigentlich nicht, aber man erwartet eigentlich, dass die Besucher darauf verzichten... (es ist offenbar auch nicht ganz ungefährlich).
Nicht das einzige Paradox hier in der Gegend: es ist erwünscht, dass die Aborigines-Bezeichnung Uluru verwendet wird, nicht mehr den Namen, den die ersten Kolonisatoren dem Felsen gaben, Ayers Rock. Aber in Yulara, der Ortschaft in der Nähe, heisst ein Teil immer noch "Ayers Rock Resort", ohne jeden Hinweis auf den zweiten Namen.
Viel ist darüber geschrieben worden, wieso Uluru eine so grosse Anziehung auf die Touristen ausübt. Ein Grund ist sicher, dass es "the rock" ist, die platonische Idee eines Felsens in der Wüste. Für mich sind die Erosionsspuren ein wichtiger Teil der Faszination: Uluru wird noch in der Wüste stehen, wenn wir lange verschwunden sind, aber in den Jahrmillionen schleifen Wind und Wetter auch ihn ab und lassen ihn verschwinden. Ein bisschen wie in dem Märchen mit dem grossen Berg und dem Vögelchen, das alle hundert Jahre seinen Schnabel daran wetzt: Eines Tages ist der Berg ganz abgetragen, und dann ist die erste Sekunde der Ewigkeit vorbei.






























Uluru – der Wechsel der Farben bei Sonnenuntergang: von ocker...






























...zu rot.































Uluru: Spuren der Erosion








































Eine der glatten Wände von Uluru































Wasserstelle am Fusse von Uluru



Uluru: Sonnenaufgang

Dienstag, 5. November 2013

Sportarten

Hier in Australien probiere ich ab und zu etwas Neues aus, und inzwischen haben sich eine Handvoll Sportarten angesammelt, die ich hier unten kennengelernt habe.
Sandboarden: im April auf Kangaroo Island (in der Nähe von Adelaide) sind wir auch an einer Dünenlandschaft namens "Little Sahara" vorbeigekommen – die Tourorganisatorin hatte ein paar Sandboards dabei. Nur jemand schaffte es, den Abhang wie auf einem Snowboard hinunterzusurfen – der Widerstand des Sandes ist viel grösser als der von Schnee und es ist gar nicht so einfach, auch an den steilen Stellen, die Bretter in Bewegung zu bringen. Vielleicht war es auch zu feucht, die kleinen Boards funktionierten jedenfalls überhaupt nicht und auf den grossen hatten wir am meisten Erfolg, wenn wir auf ihnen sassen wie auf einem Schlitten. Als "Wachs" verwendeten wir Möbelpolitur, ich hoffe, es gibt in dieser Gegend keine ökologischen Spätschäden wegen all den Sandboardern, die den selben Trick benutzen. Ich war der einzige, der das Board auch auf dem Bauch liegend brauchte, ziemlich abenteuerlich, jedes Sandhügelchen erscheint aus dieser Perspektive wie ein riesiger Berg, vor allem, wenn ich auf Kollisionskurs war. Ich glaube, ohne einen Mund voll Sand in Kauf zu nehmen, ist diese Sportart nicht praktizierbar.
Sea-Kayaking: im Juli bei Cape Tribulation machte ich einen halbtägigen Kayak-Ausflug. Am Anfang schien alles ganz einfach, ich musste nur die Balance halten im Boot, und mit den Rudern brauchte es auch ein bisschen Ausprobieren, um sie effizienter einzusetzen. Schwierig wurde es erst, als wir das Kap umquert hatten und gegen den Wind, die Wellen und die Strömung ankämpfen mussten. Irgendeine der Wellen brachte mich aus dem Gleichgewicht, und ich kenterte. Mit Hilfe des Ausflug-leiters schaffte ich es mit Müh und Not wieder in mein Kayak, und für die restliche Strecke nahm er mich ins Schlepptau. (Nachher sagte er, er mache kaum einen Ausflug, wo er die Schleppleine nicht brauche.) Schön nachher die Bucht, in der wir landeten: mit dem Boot schafft man es auch an Orte, die zu Fuss nur schwer erreichbar wären (und motorisiert schon gar nicht). Auf dem Rückweg verbanden wir die Boote und der Tour-leiter setzte ein kleines Segel: erstaunlich, wie schnell wir zurück waren, ohne die Ruder benutzen zu müssen.
Surfen: auch im Juli, in Noosa, besuchte ich eine Kurzeinführung in diese in Australien so beliebte Sportart. Die Organisation war nicht ideal, zu viele Schülerinnen und Schüler hatte unser Surflehrer zu betreuen. Nur einmal hatte ich an diesem Nachmittag das Gefühl, auf dem Brett liegend eine Welle zu reiten, aber dann hätte ich aufstehen sollen, und was an Land, bei der Trockensurf-übung, wunderbar funktionierte, schaffte ich, auf dem schwankenden Brett, natürlich nicht. Was ich gerne gelernt hätte: worauf man achten muss bei der Auswahl der Welle, den richtigen Punkt zu erwischen. Jetzt war ich auf den Surflehrer angewiesen, der ab und zu vorbeikam und mich auf eine Welle setzte (er hatte aber noch viele andere zu betreuen). Die richtige Position auf dem Brett, auch im Liegen schon wichtig: da merkte ich schnell einmal durch "trial and error", was funktionierte und was nicht. Beim Warten fragte ich mich schon ab und zu, wieso ich dieses grosse Brett unter dem Arm hatte, mit einer Sicherheitsleine mit meinem Bein verbunden. Ich glaube, ich hätte die Wellen im Schwimmen mehr genossen...
City to Surf: jeden August rennen oder gehen fast zehntausend Leute in Sydney die Strecke vom Zentrum der Stadt zum Bondi Beach (14 km). Ich war in der "Rexona group", die am Schluss startet, also wer wirklich rennen will, muss versuchen, in eine der vorderen Gruppen zu kommen. So war das Ganze ein zügiges Gehen, nach zwei Stunden war ich im Ziel. (Das einzige, was nicht funktionierte, war die persönliche Zeitmessung, trotz Chip in der Startnummer.) Der Anlass ist auch ein "charity event", viele Teilnehmer sammeln für einen guten Zweck, und so waren Läufer in den verschiedensten "onesies" (einteilige Anzüge) zu sehen, zum Beispiel als Bären verkleidet, bei den frühlingshaften Temperaturen ziemlich schweisstreibend (so kam der Sponsor unserer Gruppe, Rexona, trotz dem gemütlichen Tempo doch noch zum Einsatz). Und in einer kurzen Laufpause war es auch möglich, bei einem Karaoke-Auftritt ein bisschen zu verschnaufen.





























Der Surfstrand in Noosa





























Bondi Beach an einem ruhigen Sonntagmorgen (am City to Surf sind etwas mehr Leute in der Bucht)

Dienstag, 29. Oktober 2013

Outback

Auf meiner Reise von Adelaide an der Küste Südaustraliens nach Darwin in den Northern Territories sind wir tagelang durch den Outback gereist.
Nördlich von Adelaide ist die Landschaft noch grün, wir durchqueren Claire Valley, ein Weingebiet nicht ganz so berühmt wie das nahegelegene Barossa. Später, nördlich von den Flinders Ranges, beginnt der Outback. Weite Teile davon sind wüstenartig. Wir übernachten zum Beispiel in einer Schaf-"station", Beltana, die konfortabelste Unterkunft auf der ganzen Reise. Die Farm ist ungefähr so gross wie der Kanton Zürich, deshalb ist es kein Wunder, dass wir von den Schafen und Kühen (etwa 8500 Stück) nichts sehen. Sie suchen schattigere Plätze, nicht unbedingt an den Strassen, lieber in der Nähe von einer der Wasserstellen.
Wir fragen, wie denn das Leben in dieser abgelegenen Gegend so aussieht. Nichts von abgelegen, sagt die Besitzerin, praktisch jeden Tag reisen Leute durch,  übernachten hier und erzählen von anderen Gegenden. Die Farm ist sehr aufwändig, schon nur die Tiere zu finden, ist oft nicht ganz einfach, und am Nachmittag ist im Sommer die Hitze zu gross für Arbeiten ausserhalb des Schattens, deshalb beginnt der Arbeitstag schon am frühen Morgen. Wunderbar das Abendessen auf Beltana, Schafsbraten vom Barbecue, schön der Sternenhimmel, kein Restlicht einer Stadt stört die Sicht auf die Milchstrasse, und ruhig die Nacht, kein Verkehr zu dieser Zeit.
Am nächsten Tag besichtigen wir einen Ockersteinbruch. Hier finden sich die verschiedensten Ockertöne, und die Aborigines sind früher von weit her hierhin gekommen, Ocker war wichtig für die Körperbemalung in verschiedenen Zeremonien und für die "rock art".
Später fahren wir am Südufer von Lake Eyre vorbei. Es ist der grösste der zahlreichen Salzseen im Innern Australiens, endlos erstreckt sich die weisse Fläche, und hier wurden in den sechziger Jahren die  Geschwindigkeits-rekorde von Landfahrzeugen gebrochen. Alle paar Jahre füllt er sich mit Wasser.
Inmitten der Wüste eine Quelle, ein halbes Dutzend Leute haben in diesem natürlichen Whirlpool Platz.
Riesige Süsswasser-vorkommen befinden sich in der östlichen Hälfte Australiens unter dem Boden. An einigen Stellen so nahe, dass sie leicht angebohrt werden können, und dann sprudelt das Wasser für Jahrzehnte.
Die nächste Nacht verbringen wir in Williams Creek, hier hat es nur ein halbes Dutzend ständige Einwohner. Ich hoffe, sie geraten nicht in Streit, es wäre schrecklich, wenn zum Beispiel zwei davon nicht mehr miteinander sprechen.
Die Strassen: der Highway ist komfortabel, aber sobald man ihn verlässt, kann es unbequem werden. Oft sind die Nebenpisten ungeteert. Alles ist gut, wenn sie in den letzten Monaten einmal präpariert wurden, aber stellenweise ist die Fahrt im Bus über die Wellbrettpisten doch sehr holprig, vor allem bei unerwarteten Löchern (deshalb der Name Schlaglöcher).
Mitten in der Wüste besuchen wir den Künstler Talk-Alf in seiner "Oase". Er arbeitet mit Talk oder Speckstein, und er zeigt uns auch, wie der weiche Stein zu Talkumpuder zerrieben werden kann. Alfs Name ist doppelsinnig, "he loves to talk". Viele seiner Steinskulpturen enthalten gemeisselte Buchstaben, und er interpretiert die Lettern des Alphabeths auf seine Weise. A für Adam, dem Mann. breitbeinig steht er in der Gegend. B für die Frau (wegen der Busenform), und so weiter durch das ganze ABC. Die Sonne ist ein O, eine Person, die die Sonne betrachtet ein P. Die Bahn der Sonne vom Horizont, wo sie aufgeht, zum entgegengesetzten Horizont, wo sie untergeht, ein S (und erst auf der Weiterfahrt im Bus frage ich mich, wieso sie dabei zweimal die Richtung ändert). Deshalb das Dollarzeichen (wieso das S durchgestrichen ist, kann ich nicht mehr rekonstruieren). W steht für Wellen und Wasser, wie zum Beispiel im englischen Wort "well" für Brunnen. "Welcome" (oder wel-kom, wie Alf es schreibt) ist zusammengesetzt aus "well" und "kom": K ist jemand, der die Sonne (O) anbetet, M sind die Berge im Hintergrund (zwei Gipfel). Wir sind nicht alle sechsundzwanzig Buchstaben durchgegangen, aber Alfs Philosophie ist ansteckend, und ich glaube, ich könnte die fehlenden Zeichen ergänzen (vor allem nach ein paar Stunden an der Sonne). Wir belächeln den Künstler ein wenig auf der Weiterfahrt, nach Jahren allein in der Wüste hat er sich seine eigene Welt erschaffen. Aber vielleicht bin ich manchmal auch ein kleiner Talk-Alf, kreiere einen Sinn, wo ich keinen sehe, und lege mir eine Geschichte zurecht.





























Morgenstimmung in Beltana Station






























Ockersteinbruch














Outback, Lake Eyre im Hintergrund

Dienstag, 22. Oktober 2013

Buschbrände

In den letzten Tagen hat das Feuer in der Umgebung von Sydney gewütet.
Eindrücklich zum Beispiel am Donnerstagabend: der halbe Himmel war schwarz wie vor einem Gewitter, und die Sonne war nur noch als glutroter Ball zu sehen. Und der Rauchgeruch verdrängt im Moment die Düfte der blühenden Frühlingsbäume (die Jacarandas mit ihrem Lila-Blütenschaum und andere Sträucher und Bäume in den verschiedensten Farben dominieren jetzt im Oktober das Bild der suburbs).
Wenn man Sydney verlässt, zum Beispiel auf der Fahrt nach Canberra oder ins Hunter Valley im Norden, bleiben die Vororte zurück und der landwirtschaftliche Teil, und schnell ist links und rechts nur bush zu sehen. Kein rechter Wald, eher so ähnlich wie die Macchia im Süden Europas, zum Teil genauso undurchdringlich. Die ersten weissen Besiedler brauchten zum Beispiel jahrelang, um einen Weg zu finden durch die Blue Mountains im Westen von Sydney mit ihren weglosen Schluchten. Auch auf den anderen Seiten ist die Grossstadt Sydney von bush umgeben: Kuring-gai im Norden, der grosse Nationalpark im Süden. Und nur im Osten ist Meer. Sogar in Sydney selbst, mit seinen vier Millionen Einwohnern (auf einer Fläche, die einem Viertel der Schweiz entspricht) finden sich bush-Oasen: die perfekte Stadt für bushwalker. Vorletzten Freitag bin ich zum Beispiel von Chatswood in Richtung Süden nach Gladesville gewandert, dem Lane Cove River entlang (der Weg würde weiterführen bis zum Hafen). Stellenweise vergass ich, dass ich mitten in der Grossstadt war.
Ein grosser Vorteil, das viele Grün, aber nach einem trockenen Winter und bei viel zu warmen Frühlingstemperaturen (über dreissig Grad) und bei stürmischen Winden auch ein Nachteil: ein Funken genügt, eine weggeworfene Zigarette, und Hektaren um Hektaren brennen. Das Feuer springt dann auch über Strassen und Häuser fallen ihm ebenfalls zum Opfer. In den Zeitungen die Diskussionen: wurde zu nahe am bush gebaut? Oder zu billig, mit gewissem Aufwand wäre es offenbar möglich, so zu bauen, dass die Häuser dem Feuer länger widerstehen? Genügen die Löschfahrzeuge und Helikopter oder hat man da am falschen Ort gespart?
In Kakadu, im Nationalpark im Norden Australiens, den ich im Oktober besuchte, folgt man der jahrtausendalten Technik der Aborigines mit ihren controlled fires. Beim Eindunkeln sahen wir die Feuerstrassen, die sich die Hügel emporschlängelten. Dabei werden genaue Regeln befolgt: kein Feuer, wenn der Wind zu stark ist, Schneisen, die verhindern, dass die Brände ausser Kontolle geraten. Alles nach dem Motto: Lieber viele kleine Brände als ein grosser. Die Folge: kaum Unterholz in den Parkwäldern. Die grossen Bäume sind feuerfest. Zum Teil brauchen die Pflanzen sogar das Feuer, damit ihre Samen überhaupt keimen können.
Hier im Südosten brennen gerade die grössten Bäume am besten. Dennoch versucht man in den letzten Jahren, mit kontrollierten Bränden die verheerenden Grossfeuer zu vermeiden. Es fehlt noch die Erfahrung, und in Einzelfällen hat man die Kontrolle über einen gelegten Brand verloren.

Heute hat es ein bisschen genieselt, das hilft, das Feuer einzudämmen, aber was es jetzt brauchen würde, sind ein paar Regentage.

Sonntag, 13. Oktober 2013

Ubirr

Ubirr liegt im Kakadu-Nationalpark in der Gegend von Darwin im Norden Australiens. Wir haben es auf meiner "Frühlings"-Reise besucht. Die Temperaturen waren tropisch, in dieser Gegend kann man nicht von den vertrauten Jahreszeiten sprechen, bald beginnen hier oben die feuchten Monate der Regenzeit mit Monsun.
In Ubirr sind die Rock-Art-Bilder der Aborigines besonders zahlreich und eindrücklich. Unter überhängenden Felsen, von der Witterung geschützt, wurde hier seit über vierzigtausend Jahre gemalt, wobei die meisten Bilder jünger sind, wohl um die zweitausend Jahre alt. Es beginnt in realistischem Stil, später wurden dann die zwei Phasen des Röntgenstils verwendet, Fische zum Beispiel wurden zuerst mit ihren Gräten dargestellt, danach sieht man auch Bilder, wo das Innenleben der dargestellten Tiere nicht mehr wahrheitsgetreu ist, sondern der Verzierung dient. Der letzte Stil ist die "contact art", wo die ersten Kolonisatoren abgebildet sind, meist mit den Händen in den Hosentaschen, mit klobigen Schuhen und pfeifenrauchend.
Es sind regelrechte Galerien hier unter den Felsen. Die "Menü"karte zeigt verschiedene Fische, Barramundi, Flusswelse, "cheeky mullets" mit halbabgetrenntem Kopf, daneben Wallabies, Schildkröten, Krokodile... in einer Ecke, etwas versteckt, ist auch die lokale Variante des Kamasutras zu finden. In dieser Galerie wurde auch übereinandergemalt und an einer Stelle sieht man die Umrisse von Händen in Ockerfarbe. Ein "Spiel"platz zum Ausprobieren von verschiedenen Stilen und Sujets. Andere Gemälde erzählen Geschichten, und sie gelten immer noch als "sacred sites", denn sie erklären in der Mythologie der Aborigines, wie das Land entstanden ist und oft enthalten sie auch eine Moral, "stiehl nicht die Jagdbeute deines Nachbarn, sonst geschieht Schlimmes" zum Beispiel.
An den unzugänglichsten Stellen sind die Bilder der Mimi, Geister, die durch kleinste Felsritzen dorthin gelangten, um sie zu malen. (Die prosaische Erklärung ist, dass hier früher ein hoher Baum stand, der das Malen erlaubte.) Ob das gute oder böse Geister waren, habe ich nicht herausgefunden, vielleicht ist das auch nicht so klar, auf jeden Fall sagt die Tradition, dass sie die Menschen dazu angestiftet haben, ebenfalls die Felsen zu bemalen an den zugänglicheren Stellen.
Mir gefallen die verschiedenen Rot- und Ockertöne der Bilder (eine Herausforderung für die Kameras) und die lebhaften Darstellungen. Die Landschaft hier ist ebenfalls eindrücklich, vom Gipfel des Hügels schweift der Blick über Wald, Schwemmlandschaften und das escarpment, diese Schichtstufe, die sich hier über Kilometer um Kilometer durch die Landschaft zieht bis weit in den Süden zur Kathrine Gorge (Schlucht) und Kakadu trennt von Arnhemland, einem abgelegenen Gebiet, wo die Aborigines immer noch ihren traditionellen Lebensstil pflegen können.






























Ein Aborigines-Jäger



"cheeky mullet"


Freitag, 20. September 2013

Hunter Valley

Vor ein paar Wochen sind wir mit der Exchange Teacher's league ins Hunter Valley gefahren. Es liegt etwa drei Stunden Fahrzeit nördlich von Sydney und ist eines der ältesten Weingebiete Australiens. Nicht ganz so berühmt wie Barossa Valley bei Adelaide, das vor allem für seine Rotweine bekannt ist.
Um neun Uhr morgens begann die erste Degustation, etwas ungewohnt, zu dieser frühen Zeit Weiss- und Rotweine zu probieren.
Das Weingut, Petersens, liegt in schöner Lage inmitten der Rebstöcke. Hügel im Hintergrund, alles blüht, obwohl es meteorologisch gesehen erst Vorfrühling ist. Die Weine, die wir hier und in anderen Weinkellern probieren: Bei den Weissen Sauvignon Blancs (keiner schmeckt mir wirklich), Chardonnays (zum Teil gut) – ich glaube, Weissweine sind die Stärke des Hunter Valleys. Rote hat es Shiraz, Pinot Noir uind Merlot (sie schmecken hier am besten, die anderen sind nicht mit den s üdaustralischen Roten vergleichbar).
Einige Weingüter haben Spezialitäten, Riesling etwa, war hier offenbar vor Jahrzehnten Mode, schlechte Qualität und ist deshalb jetzt seltener (und gut, wenn angebaut). Pinot Grigio geht in geeigneter Lage auch, Gewürztraminer hat es in einem Keller auch (hat sich nicht durchgesetzt, weil das hier niemand aussprechen kann...) Bei den Roten Nebbiolo und im dritten Weingut auch einen Tempranillo (aber da hatten wir schon so viel verschiedene Sorten probiert, dass sich die Unterschiede verwischten).
Gewisse Weinsorten schmecken hier nirgends, also der Moscato ist für meinen Geschmack überall mit Alkohol versetzter Kindersirup. (Um ehrlich zu sein. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich in Italien zum letztenmal einen ansprechenden Moscato getrunken habe.) Die Süssweine: in englischsprachigen Ländern machen sie ja gerne Eiswein, das geht hier nicht, es fehlen die Frostnächte, also produziert man aus den Trauben mit der Edelfäule Botrytis (ich glaube, so heisst das) Dessertweine. Also ich finde, sie schmecken alle ein wenig künstlich.
Die Nachfrage nach den Hunter-Valley-Weinen ist grösser als das Angebot, und so kaufen die Weinkellereien zum Teil Trauben in South Australia und produzieren Weine (vor allem rote) aus Trauben von dort und schenken sie zur Degustation aus. Also das ist irgendwie auch seltsam, wenn ich hier bin, möchte ich die Weine aus der Gegend probieren.
Interessant ist es, wenn die Person, die ausschenkt, auch Hintergrund-Informationen geben kann. Zum Beispiel erfahre ich, dass der Film "Sideways" die Trinkgewohnheiten in den USA und offenbar auch in Australien geändert hat. Die Pinot Noir-Verkaufszahlen sind hochgeschnellt, und Merlot ist weniger beliebt. Also ich habe die Meinungen der Hauptfiguren über Wein in dieser Filmkomödie über Degustationen in den kalifornischen Weingebieten so wenig ernst genommen wie ihr übriges Verhalten...
Ein bisschen sind die Weindegustationen ja auch Hochstapelei, vieles kann ich schmecken, Cassis, Brombeeren, Kiwis, Zitronen, einmal liege ich richtig, als ich sage, dass der Rotwein aus dem Eichenfass (barrique) kommt. Aber zum Teil sind die blumigen Weinbeschreibungen süffiger als die Tropfen, die nachher folgen. Sehr schwierig finde ich es, Rotweine zu beurteilen, die jetzt noch zu jung zum Trinken sind und ein paar Jahre gelagert werden müssen. Aber wie entwickeln sie sich in dieser Zeit? Das ist Roulette mit Flaschen...
Im Unterschied zu den Profis spucken wir den degustierten Wein nicht wieder aus. Aber es bewährt sich, nicht jedes der angebotenen Gläschen ganz zu leeren. Wenn der Inhalt nicht mundet, wandert er in den grossen Kübel in der Mitte.


Wieder sind Ferien und es gibt einen Unterbruch in meinem Blog. In den nächsten zwei Wochen reise ich von Adelaide im Süden Australiens durch den Outback via Uluru und Alice Springs nach Darwin im Norden.

Montag, 9. September 2013

Wahlen

Fast seit ich hier bin, ist Wahlkampf. Die Schule hatte kaum begonnen, als die damalige Labor-Premierministerin Julia Gilliard Ende Januar den Wahltermin für den 14. September ankündigte. Ende Juni kam es zu einer Palastrevolution, sie wurde durch ihren Vorgänger Kevin Rudd (aus der gleichen Partei) ersetzt. Der Wahltermin war damit aufgeschoben (hier kann der Premierminister entscheiden, wann gewählt werden soll – endlos kann er den Termin aber nicht hinausschieben) und erst ein paar Wochen später wurde die Wahl auf den 7. September festgesetzt.
Es gibt hier wie in vielen Ländern zwei Kammern. Das Repräsentantenhaus  (150  Sitze) wird in einem Majorzsystem gewählt. The winner takes all, oder fast. Brighton-le-sands zum Beispiel gehört zum Wahlbezirk Barton. Wer hier wohnt, wählt eine Kandidatin oder einen Kandidaten. Der Vertreter der Labor hatte heute Morgen  38  Stimmen Vorsprung. (Eine der acht Sitze, die in der Zeitung noch "undecided" sind.) Diese Stimmen sind aber nicht alle für ihn abgegeben worden, die kleinen Parteien, die in den Wahlen zum Repräsentantenhaus keine Chancen haben, geben Preferences ab. Wenn ich also zum Beispiel die Australian Sex Party wähle (die gibt es wirklich), kann es durchaus sein, dass meine Stimme am Schluss beim Labor-Kandidaten landet. (Hingegen enden die Stimmen für die Stable Population Party wohl eher bei den Liberalen / Nationalen).
Für die kleine Kammer, den Senat, ist das Ganze noch komplizierter. Die Einwohner von New South Wales wählen zwölf Senatoren. Man kann einer Partei die Stimme geben (above the line) oder man hat die Möglichkeit, sämtliche Kandidatinnen und Kandidaten durchzunummerieren (below the line): Nummer  1  möchte ich am liebsten, und so weiter. Gerade wenn die Zahl der Möchtegerne-Senatorinnen und Senatoren gross ist, etwas mühsam. Und auch hier gibt es wieder Preferences. Auch die grossen Parteien geben sie ab. Wenn einer ihrer Senatoren mehr als die nötigen Stimmen erhält, zählen diese Stimmen also eventuell für eine kleine Partei. Das hat zur Folge, dass Splittergruppen sehr wahrscheinlich im Senat besser vertreten sein werden als im Repräsentantenhaus.
Auf jeden Fall, das Ganze ist so kompliziert, dass niemand es durchschaut (für den Senat liegen die Zahlen noch nicht vor) und dass es schwierig ist, einzuschätzen, wer von der abgegebenen Stimme am Schluss wirklich profitiert.
Verloren hat die Wahl eine unbeliebte Partei mit einem beliebten Premierminister. Korruptionsskandale unter den Vertretern der "unions" und Machtkämpfe innerhalb der Partei haben zum schlechtesten Labor-Wahlergebnis seit der Grossen Depression geführt. Die Murdoch-Presse (Schlagzeile des Daily Telegraph: Kick this mob out) hat das ihre dazu beigetragen.
Der Wahlsieger, Tony Abbott: Nicht wirklich beliebt, schwierig einzuschätzen. Gerade im Bildungsbereich befürchtet man Sparmassnahmen, er will die Staatsverschuldung abbauen (im Vergleich mit europäischen Ländern nicht sehr hoch). Er hat eine Gabe, in Fettnäpfchen zu treten: er betont zum Beispiel den "sex appeal" einer Kandidatin, statt über ihre politische Einstellung zu sprechen. In Syrien kämpfen "baddies" gegen "baddies". Und zum Schluss, da kann man nur schwer widersprechen: "No man is the suppository of wisdom" (auf deutsch etwa: Kein Mensch ist das Zäpfchen der Weisheit). Das hat natürlich zu unzähligen Kommentaren über und unter der Gürtellinie geführt. Ganz erfrischend in einem Wahlkampf mit viel Verbal-Diarrhöe...


Donnerstag, 22. August 2013

Whitsundays

Von Airlie Beach aus habe ich einen Ausflug auf einem Katamaran ins Archipel der Whitsundays gemacht. Zwei Nächte haben wir auf dem Boot verbracht. Meist wird mit Motorunterstützung gesegelt, weil die Zeit sonst nicht reicht, alle geplanten Ziele anzusegeln.
Neben den Schnorchel- und Tauchplätzen besuchen wir auch den berühmten Whitehaven Beach. Wir ankern in der Nacht auf der anderen Seite der Insel und am Morgen erreichen wir die Küste mit dem Beiboot. Ein Pfad führt zu einem Aussichtspunkt. Vorher sind wir im Dschungel und bekommen einen Eindruck davon, wie schwierig es für die ersten Entdecker hier war, einen Überblick zu bekommen über eine neuentdeckte Insel. Plötzlich öffnet sich der Wald und gibt die Sicht frei über Strand, Meer und Nachbarsinseln.
Der weisse Strand Whitehaven Beach ist wirklich sehr schön. Er verlockt zum Schwimmen, Purzelbaum-Schlagen, entspannt in der Sonne liegen, und ein paar Franzosen und Engländer spielen eine kurze Rugby-Partie. Allein sind wir hier aber nicht, andere Boote haben die gleiche Bucht wie wir angesteuert, die kleineren haben direkt in der Nähe des weissen Strandes geankert.
Neben dem Strandausflug und dem Schnorcheln motoren / segeln wir rund um die Inseln und sonnen uns auf Deck, einmal beobachten wir Seeadler. Die Nächte auf dem Boot sind eindrücklich, kein Lärm, nur der Wellenschlag ist zu hören. Zuerst brennt noch das Mastlicht und zieht Fische an und mit ihnen auch einen Delphin, später ist es ganz dunkel und nur der südliche Sternhimmel ist zu sehen. Ich kann mich immer noch nicht orientieren, ausser dem Kreuz des Südens finde ich keine vertraute Konstellation, die Sternkarte auf dem Laptop des Kapitäns hilft auch nicht weiter, zu viele Details sind zu sehen und es fehlt die Übersicht.
Die anderen Reisende auf dem Boot sind meist halb so alt wie ich oder noch jünger, für sie ist die nächtliche Party das wichtigste auf diesem Ausflug, mich stört das nicht, in meiner Kajüte schlafe ich tief. Sie trinken ihren "goon", billigen Wein in Plasticbeuteln, und spielen ihre Trinkspiele. Der Kapitän sagt am nächsten Tag nur trocken, er kenne ein paar noch lärmigere Trinkspiele... Dafür haben sie dann am Morgen bei den kühleren Temperaturen Mühe, ins Wasser zu kommen, und verpassen verkatert die besten Schnorchelgründe.
Captain Cook hat die Inseln an einem Whitsunday Islands, an einem Pfingstsonntag, entdeckt, daher der Name. Seltsamerweise heisst eine von ihnen den Pentecoste Island, etwas viel Pfingsten für meinen Geschmack. Und eine andere hat den Namen Hayman Island, wegen dem Ausruf des jamaikanischen Mastburschen, "Hey man, an island!"


Unter Segeln






























Abendstimmung auf dem Boot

Dienstag, 13. August 2013

Fraser Island

 Fraser Island ist die grösste Sandinsel der Welt. Ungewöhnlich ist auch, dass hier Regenwald auf dem Sand wächst. In einem zweitägigen Ausflug von Noosa an der Sunshine Coast aus habe ich die Insel näher kennengelernt. Ich war in einem "self drive tag along" unterwegs, die Gruppen fahren selbst in Vierradantrieb-Fahrzeugen und folgen einem Leiter. Es hat genug Leute, die gerne hinter dem Steuer sitzen auf den Sandpisten entlang der Küste oder auf und ab im Wald, so dass ich die Reise als Beifahrer geniessen konnte. Am Abend vorher hatten wir ein Video gesehen über all die Gefahren, aber ich glaube, wenn niemand zum Möchtegerne-Rennfahrer mutiert oder an der dümmsten Stelle eine Vollbremsung einlegt, ist es nicht halb so wild.
Apropos Gefahren: ich glaube, die meisten Touristen unterschätzen die Dingos. Diese "herzigen" Widhunde sind hier zahlreich und werden unglücklicherweise zum Teil auch gefüttert. Umso gefährlicher werden sie dann ausgehungert und im Rudel, weil sie die Angst vor den Menschen verloren haben.
Der Strand der Insel ist leider nicht badetauglich, zu stark ist hier der "surf" und das zieht offenbar Haie an, dafür sind die Inlandseen sehr schön. Lake Mackenzie besuchen wir am ersten Tag, der schneeweisse Sandstrand, der auf vielen Bildern zu sehen ist, ist leider nicht sichtbar, weil unter Wasser  (im Herbst / Winter hat es genug geregnet). Das Schwimmen ist nach dem vielen Salzwasser ungewohnt, die "perched lakes" haben Süsswasser - oder sollte ich besser Sauerwasser schreiben, sie sind nämlich so sauer, dass kaum Fische in ihnen leben. Am nächsten Tag Lake Wabby, er ist die Ausnahme, er ist tiefer als die anderen, hier sind die Fische zahlreicher und er ist am Rande einer grossen Sanddüne: von weitem sieht er wie eine Fata Morgana aus. Wir schwimmen auch im Eli Creek, von einer Quelle mit genügend Frischwasser versorgt (und deshalb auch immer gleich kalt, die wärmenden Strahlen der Sonne nützen hier nichts).



Fraser Island



Wrack eines Vergnügungsschiffs am Strand












Montag, 5. August 2013

Regenwald

Der Daintree Rainforest im Norden von Cairns gilt mit einem Alter von über  100  Millionen Jahren als ältester Regenwald der Erde. Hier war schon Dschungel, als das Amazonasbecken noch nicht von Regenwald bedeckt war.
Ein Besuch hier ist wie eine Reise in die tiefste Vergangenheit. Viele der Pflanzen, die im Daintree wachsen, haben etwas Archaisches. Neben den zahlreichen gewöhnlichen Farnen, die man zum Teil auch essen kann (ähnlich wie die "fiddleheads" im kanadischen New Brunswick) hat es auch Baumfarne und die sogenannten Palmfarne, keine echten Farne, sondern mit ihren Zapfen Verwandte der Samenpflanzen. Fehlt nur noch ein Dinosaurier, der sich hinter einem der riesigen Baumstämme versteckt.
Dafür hat es "cassowaries", Kasuare, nach Strauss und Emu die drittgrössten Vögel. Sie sind scheu, ich habe keinen von ihnen zu Gesicht zu bekommen, aber offenbar greift alle Schaltjahre einmal einer einen Menschen an und kann mit seinen scharfen Krallen sogar lebensbedrohlich werden (ein weiterer Eintrag in der langen Liste der gefährlichen Tiere Australiens). Die Kasuare sind sehr wichtig für das Oekosystem des Urwaldes: viele Pflanzensamen wie die sogenannte Dschungelpflaume keimen nur, nachdem sie durch den Magen und durch das Verdauungssystem eines Kasuars gewandert sind und zusammen mit einer tüchtigen Portion natürlichem Dünger den Weg ins Freie gefunden haben.
Auf einem Rundgang durch den Regenwald auf gepfadeten Wegen sehen wir Lianen, Baumriesen, die noch stehen und solche, die morschgeworden sind im Alter und umgefallen sind. Auf ihnen wächst der Wald weiter. Je näher das Meer ist, desto zahlreicher die Mangroven mit ihren Luftwurzeln.
Der Führer ist ein Spassvogel, er sagt an einer Stelle, er findet das Vogelnest nicht. Das "Nest" ist ein etwa ein Meter hoher Hügel. Ein "bush turkey" (manchmal auch "brush turkey" genannt) hat hier in mühevoller Arbeit Erde und Laub zusammengeschoben. Später sehe ich diese Truthahn-ähnlichen Vögel mit ihren gelben Hälsen.
Die Lodge liegt am Cape Tribulation, "where rainforest meets the reef", der Regenwald trifft hier auf das Riff. Das Meer hat hier einen ganz besonderen Geruch, nicht nur nach Salz, sondern auch nach Erde. Der Regen schwemmt hier Biomasse vom Wald in das Meer, und viele Fische und Vögel suchen diese Gegend. Vielleicht kommen deshalb die Wale im Südwinter nach Nord-Queensland, um zu kalbern.
James Cook ist hier auf seiner ersten Entdeckungsfahrt vorbeigekommen und ist unfreiwillig mit dem Great Barrier Reef kollidiert. Wochenlang musste er sein Boot reparieren, deshalb die Geländenamen: Cape Tribulation, Mount Sorrow...


Daintree Rainforest



Mangroven




Where rainforest meets the reef













Dienstag, 30. Juli 2013

Krokodile

Auf dem Daintree River, nördlich von Cairns, haben wir auf einer Schifffahrt die Krokodile beobachten können. Die letzten Kilometer des Flusses sind Brackwasser und die Wasserhöhe ändert mit den Gezeiten. An den Ufern stehen undurchdringliche Mangrovenwälder. Der Kapitän des Schiffes gibt auch die Kommentare und weiss genau, wo die Krokodile sind. Zu dieser Tageszeit, am Mittag, liegen die erwachsenen Tiere an den Stellen, wo zwischen Mangroven und Fluss eine schlammige Uferbank ist. Er weiss genau, wie nahe er zu ihnen hinfahren kann, ohne sie zu stören. Im Südsommer, Dezember bis Februar, müsste er mehr Distanz halten, dann ist Paarungszeit und die Männchen werden aggressiv.
Er betont mehrmals, wie effizient die Tiere sind: Als Wechselblüter müssen sie sich zu gewissen Tageszeiten am Ufer aufwärmen, und wenn es zu heiss wird, brauchen sie Abkühlung im Fluss. Dort sind sie perfekt getarnt mit ihrer Farbe in den grünbraunen Fluten. Sie warten auf Beute und wenn etwas nahe genug kommt, schnappen sie zu mit ihren unerbittlichen Kiefern. Jedes Krokodil hat sein Revier, die besten Plätze gehören den grössten Männchen. Wir sehen auch ein armlanges Jungtier beim Schwimmen. Bis sie eine gewisse Grösse erreichen, ist ihre Überlebenschance noch nicht sehr gross, für zu viele Feinde ist ein Jungkrokodil ein gesuchter Frass.
In einem anderen Fluss im Daintree sehen wir ein grosses Krokodil in der Nähe einer Brücke. Manche Leute möchten offenbar, dass man es entfernt, zu nahe ist es bei der Strasse, obwohl hier niemand schwimmt oder Kanu fährt. Es stört niemanden, ich hoffe, es darf an seinem Platz bleiben.
Die Aborigines haben die Krokodile nicht gejagt. Mit ihren Speeren war es schwer, den Schuppen-panzer der Tiere zu durchdringen. Und es hiess, dass ein attackiertes Krokodil, wenn es nicht erlegt wird, sich den Geruch des Jägers merkt und ihn holt in einer der kommenden Nächte...
Auch heute sind Krokodilgeschichten noch sehr beliebt. Die Fahrer im Daintree Rainforest erzählen sie gerne unterwegs. Weil ich eine Nacht auf Cape Tribulation blieb, hatte ich zwei verschiedene Fahrer, und so hörte ich die eine Geschichte in zwei Varianten. Ein junger Tourist sieht auf einem der Flüsse ein Krokodil. Um ein spektakuläres Bild zu schiessen, watet er durch das seichte Wasser und nähert sich. Noch immer ist ihm das Tier zu zahm, und er reizt es mit einem Stock. Es beisst zu, glücklicherweise ins Bein, und spuater, im Spital, braucht er siebzig Stiche, um seine Wunde zu nähen. Sein spektakuläres Bild hat er, aber es zeigt ihn, nicht das Krokodil, und erscheint am nächsten Tag in den Zeitungen von Nord-Queensland. Die zweite Variante ist mehr aus der Krokodilperspektive: Sie beginnt gleich. Was mit dem Tourist geschieht, interessiert hier nicht. Hingegen das Krokodil: weil es einen Menschen angriff, muss man es erschiessen, das arme Tier. Ein paar Monate später hat ein doppelt so grosses Krokodil das leergewordene Revier übernommen.


Die Mangroven am Ufer


Das Krokodil


Blick zurück auf die Mündung des Daintree Rivers


Mittwoch, 24. Juli 2013

Schnorcheln

Von Cairns aus habe ich einen Tagesausflug ins Great Barrier Reef gebucht. Dort habe ich zum erstenmal geschnorchelt. Das Boot fährt etwa vierzig Kilometer hinaus und stoppt dann mitten in der grossen blauen Fläche. Vom Festland sehe ich man hier draussen nicht mehr viel, dafür ist gut ersichtlich, wo das Riff aufhört. Der "surf", die Gischt der Pazifikwellen, zeichnet einen langen Strich ins Blau.
Ich bekomme eine Wetsuit (die grösste verfügbare Grösse, und noch so fühle ich mich wie eine Presswurst in ihrer Pelle), Flossen (zuerst muss ich mich daran gewöhnen, mit ihnen zu schwimmen) und eine Maske mit Schnorchel. Wir werden vom Boot ins Wasser gelassen und man hat uns gesagt, in welcher Region wir schwimmen sollen. (Das Wichtige ist ja, dass am Schluss alle wieder auf dem Boot sind. Es gab ja diesen schrecklichen Film, "Open Water", nach einer wahren Geschichte, wo ein Paar nach einem Tauchgang vergessen ging.)
Mit der Tauchmaske kann ich die Unterwasser-Landschaft beobachten und sehe, dass es hier zum Teil ganz seicht ist. Das Schwimmen inmitten der Korallen-Landschaften hat etwas Unwirkliches, Traumhaftes: Neben den vertrauten Korallen-Formen sehen sie zum Teil aus wie Hirschgeweihe, weiter bewundere ich Seeanemonen und Schwämme (einer heisst Hirnschwamm und sieht auch so aus) und Scharen von Fischen: Zebrafische und Zitronenfische, Fische in allen Farben, geisterhafte, halbtransparente Fische, die koffergrossen Maori-wrassen mit ihren hervorquellenden Augen (sie heissen so, weil ihr Kopf und ein Teil ihres Körpers gemustert ist wie eine Maori-Tätowierung). Angst haben sie keine, sie schauen schon, dass ich beim Schwimmen nicht mit ihnen kollidiere.
Im "outer reef" ist das Schnorcheln nicht ganz ohne, es wellt ein bisschen und die Strömungen sind unberechenbar, und ab und zu werde ich auf seichte Stellen getrieben. Ich möchte ja nicht auf die Korallen stehen (die Flossen beschädigen das Riff) und zum Teil sollte man sie ja nicht berühren, es gibt offenbar auch Feuerkorallen: sie brennen wie Nesseln.
Nach dem zweiten Schnorchelgang von gut einer Stunde bin ich erschöpft.
Später, vom Katamaran aus in den Whitsundays Islands, schnorcheln wir wieder. Jede Stelle ist anders, an einem Ort hat es besonders viele Schmetterlingsfische, in einer anderen Bucht sollten sich die Clownfische, die Nemos, zeigen. Aber sie verstecken sich heute, auch für die Taucher, die mit ihren Sauerstoff-flaschen in grössere Tiefen absinken können. Hier ist das Schnorcheln einfacher als im Outer Reef, die Inseln schützen vor dem Wind und den Wellen und auch die Strömungen sind hier viel schwächer. Die Ausrüstung, das merke ich nun, ist auch nicht immer gleich gut. Mit einem geschlossenen Schnorchel und mit einer gut sitzenden Tauchmaske schlucke ich nicht mehr so viel Wasser, und in der warmen Flut könnte ich stundenlang weiterschwimmen und neue Unterwasser-Landschaften entdecken.
Ich glaube, ich habe auch den "crown of thorns starfish" gesehen, also wie ein Seestern sieht er nicht aus, und seine Stacheln ähneln eher Kerzen auf einem Weihnachtsbaum. Er gilt ja als Bedrohung, weil er das Riff kahlfrisst, aber offenbar gehört er auch zum Oekosystem in einem Korallenriff. Auch wenn es nachher für die Beobachter nicht mehr attraktiv aussieht, ist es nicht tot, und mit der Zeit verschwinden die Spuren wieder (am ersten vergleichbar mit den Jahren nach einem Waldbrand). Ein Problem ist er nur, wenn er zu zahlreich auftritt an gewissen Stellen des Riffes.
Am letzten Tag sehe ich eine Wasser-Schildkröte, an den anderen Stellen, wo sie zu beobachten sind, habe ich sie verpasst (ich war nicht zur richtigen Zeit am richtigen Ort). Ich schwimme die längste Zeit mit ihr, es ist wunderschön, ihr zuzusehen, wie sie im Wasser halb fliegt, halb schwebt.

Freitag, 28. Juni 2013

Australische Tiere

Viele Tiere der australischen Fauna gibt es ja nur hier und sonst nirgends. Ein paar davon schmücken auch die australischen Dollar- und Centmünzen.
Auf der 50-Cent-Münze halten ein Känguru und ein Emu ein Wappenschild, und auch die Ein-Dollar-Münze zeigt einige Kängurus. In freier Wildbahn sah ich sie zum ersten Mal auf der Fahrt von Adelaide auf die Kangaroo Island am frühen Morgen in grossen Herden am Strassenrand grasen. Bei der Lodge auf der Insel konnte ich sie von Nahem beobachten beim Fressen, Angst hatten sie keine. Wenn sie ihre Position ein bisschen verändern wollen, sieht es seltsam aus, sie können ja nur hüpfen, dabei sind sie zum Beispiel auf der Flucht sehr schnell, aber für kleine Bewegungen wirkt es eigenartig. Am Morgen überraschte ich ein Känguru, das sich über den Zaun der Lodge gewagt hatte, auf unserer Seite war das Gras offenbar noch grüner. Ich weiss nicht, wer mehr erschrocken ist, es oder ich.
Die kleinen Geschwister der Kängurus, die Wallabies oder Zwergkängurus, sind auf Kangaroo Island auch zahlreich anzutreffen.
Auf der 20-Cent-Münze ist das Schnabeltier (platypus) dargestellt, in freier Wildbahn habe ich es noch nicht beobachtet, ich weiss nicht, in welchen Gegenden von Australien man es antreffen kann. Die Schnabeltiere haben die Biologen ja lange verwirrt, sie sind zwar Säugetiere, aber keine Plazentatiere wie die meisten anderen, und auch keine Beuteltiere wie Känguru und Koala, sondern sie legen Eier und auch mit ihrem Schnabel passen sie nicht in das übliche Schema.
Auf der 5-Cent-Münze, die kleinste von allen, hat sich ein Ameisenigel eingeigelt. Diese Tiere sind nicht etwa mit den europäischen Igeln verwandt, sondern mit den Schnabeltieren, wie diese legen sie Eier und ihre Schnauze ist auch eher schnabelförmig. Sie heissen auch Kloakentiere, weil sie nur eine Körperöffnung für Ausscheidungen und zur Fortpflanzung haben. Auch Ameisenigel konnten wir beobachten auf Kangaroo Island im Westen der Insel, ein grosser Nationalpark.
Die 10-Cent-Münze zeigt einen Lyrebird, versteckt hinter seinem Federkleid, lange habe ich gar nicht bemerkt, dass da ein Vogel dargestellt ist. Die Tochter meiner Austauschpartnerin hat kürzlich einen Lyrebird gesehen im Royal National Park, im Süden der Grossstadt Sydney. Das ist selten, die Vögel verstecken sich in der Regel sehr gut und sind schwierig zu beobachten. Sie ahmen andere Geräusche nach, Motorsägen zum Beispiel, im Zweiten Weltkrieg auf Papua Neuguinea anscheinend auch Gewehrsalven.
Wenn Australien einmal eine Fünf-Dollar-Münze einführt, sollte sie meiner Meinung nach einen Koala zeigen. Diese Beuteltiere sahen wir ebenfalls auf Kangaroo Island, die Fauna dort ist sehr vielseitig. Sie sind Einzelgänger, jeder von ihnen hockt alleine auf einem Eukalyptusbaum, schläft achtzehn Stunden im Tag, öffnet einmal das eine Auge, dann das andere und frisst ein paar Blätter. Sie sehen ja sehr kuschelig aus, aber man kommt ihnen offenbar lieber nicht zu nahe, dann können sie auch ihre Krallen zeigen.

In den nächsten zwei Wochen macht mein Blog eine Pause, ich habe Winterferien und reise in die australischen Tropen: Cairns, mit Abstechern in den Daintree Rainforest und aufs Great Barrier Reef, Airlie Beach mit einem kleinen Segeltörn zu den Whitsunday Islands und Noosa an der Sunshine Coast mit einem Ausflug auf Fraser Island.

Mittwoch, 26. Juni 2013

Wie bei Harry Potter

Chatswood High School ist manchmal schon ein bisschen wie bei Harry Potter.
Ich steige zwar nicht an King's Cross in den Zug, sondern bei Town Hall, und die Nummer der "platform" endet nicht auf ein halb. Und dennoch gibt es viele Ähnlichkeiten:
Auch Chatswood ist in Häuser aufgeteilt, nur haben sie statt Gryffindor, Hufflepuff und so weiter viel prosaischere Namen: Fuller, Walsh, Hordern und Carr (ich glaube, das sind die Familien, denen das Schulgelände gehörte). Jedes Haus hat seine Farbe, und an den Swimming / Cross Country / Athletic Carnevals (so heissen die Sporttage hier) kleiden sich die Schülerinnen und Schüler in ihren Farben (nicht alle) und feuern die Athletinnen und Athleten ihres Hauses an. Da kann dann vorher schon eine Stunde ausfallen, damit sie ihre Rufe einüben können. Auch die Lehrerinnen und Lehrer sind in den Häusern (ich gehöre zu Hordern, ausser im Schwimmen haben sie noch nichts gewonnen...). Und wenn ein Schüler fragt, ob er das Haus wechseln kann, ist die Antwort: Nein, das ist wie bei Harry Potter, wenn der Hut entschieden hat, ist man für die ganze Schulzeit im selben Haus.
Dumbledore ist hier eine Frau und sitzt weit entfernt in ihrem Turmzimmer.
In den Knabentoiletten gurgelt es manchmal seltsam, es würde mich nicht wundern, wenn dort eines Tages ein Geist auftaucht.
Zu "Detention" verknurrt werden kann man hier auch (aber nicht in den "dungeons"). Bei vielen Klassen ist es nicht nötig, jemanden zu schicken, aber es gibt Schüler, die sind dauernd dort.
Das Schulgelände ist labyrinthisch, und immer wieder entdecke ich eine Abkürzung, die ich vorher nicht kannte, oder ein Kämmerchen mit muffigem Inhalt (ich hoffe nur, ich wecke keinen alten Fluch oder lasse aus Versehen einen Basilisken frei).
Hauselfen treffe ich ab und zu, wenn für uns Feierabend ist, bei ihrer Arbeit an. Viele übersehen sie, aber eines ist klar: Wären sie nicht da, könnte man den Schulbetrieb einstellen.
Quiddich wird an der Schule zwar nicht gespielt, aber andere, fast noch unverständlichere Sportarten: Australian Football (ähnlich wie American Football, nicht wie der europäisch Fussball Soccer), Rugby, im Sommer auch Cricket (weitherum mit Baseball verwandt): dauert endlos, auf nationaler Ebene drei Tage, und zu gewinnen gibt es dort die "ashes", eine Urne mit Asche, man weiss nicht genau, wovon (ein verbrannter "bat", ein Schläger?)
Die Schülerinnen und Schüler halten mich zum Teil für Hagrids Bruder, und auch ich bin mir manchmal nicht ganz im Klaren, was ich hier eigentlich unterrichte: Arithmantics, das Fach, das niemand so richtig versteht? Defense against the dark arts, wo kein Lehrer länger als ein Jahr bleibt?
Auf jeden Fall hoffe ich, dass ich noch nicht so weit bin wie dieser Lehrer, der nicht gemerkt hat, dass er verstorben ist, und nun als Geist weiterunterrichtet.
Und last but not least: Gegen die Dementoren (manchmal attackieren sie auch Lehrerinnen und Lehrer) hilft Schokolade wirklich, es muss nicht unbedingt schwarze sein, Toblerone ist auch ganz gut.

Freitag, 21. Juni 2013

Canberra

Vor hundert Jahren wurde der Platz gewählt, wo die neue Hauptstadt Australiens stehen sollte. Die Rivalität zwischen den beiden grössten Städten, Sydney und Melbourne, war zu gross, und deshalb entschied man sich für den Ort, wo heute Canberra liegt: zwischen den beiden Metropolen, näher bei Sydney zwar, und das Australian Capitol Territory ist ganz von New South Wales umgeben.
In den Aprilferien war ich für zwei Tage in der Hauptstadt. Böse Zungen behaupten hier in Sydney, Canberra besteht nur aus einem grossen Verkehrskreisel, das stimmt nicht, es sind zwei Kreisel.
Im Ernst: Canberra hat zwar grossartige Museen (ich besuchte das National Museum und die National Gallery of Australia), ein altes Parlament im Zuckerbäcker-Tortenstil und ein neues, ein überdimensionierter, künstlich begrünter Hügel, wo die Politiker im Innern tagen, schöne Spaziergänge dem künstlich aufgestauten See entlang, aber es fehlt das Städtische, die Strassen zum Flanieren, ganz Canberra wirkt wie ein ausgedehnter suburb.
Dass zum Beispiel jemand zu Fuss gehen möchte von der Station der coaches (der Überlandbusse) im Norden, wo auch viele Hotels sind, zum Parlament auf der Südseite des Sees, daran hat offenbar niemand gedacht. Es ist möglich, ich habe es gemacht, die Distanz ist nicht so gross, aber es ist nicht attraktiv, zum Teil folgte ich irgendeinem Trampelpfad entlang einem vielspurigen Highway mit geradezu unendlichem Verkehr, das wichtigste australische Fortbewegungsmittel wird dabei augenfällig (und mit der Zeit stechen seine Ausdünstungen auch in die Nase).

Mittwoch, 19. Juni 2013

Verkehrte Welt

Hier unten ist ja schon einiges verkehrt, vor allem der Verkehr: Man fährt hier links, nicht rechts. Und das Überqueren einer Strasse ist jedesmal nicht ganz ungefährlich für mich als Kontinentaleuropäer, weil ich nach jahrzehntealter Gewohnheit immer zuerst auf die falsche Seite schaue.
Die Wirbelstürme drehen sich in umgekehrter Richtung, und auch der Abflusswirbel in der Badewanne und im Lavabo dreht umgekehrt (obwohl mir einmal ein Physiker gesagt hat, dass das für die Badewanne gar nicht unbedingt stimmt: kleine Störungen haben einen zu grossen Einfluss, und so hängt die Drehrichtung vom Zufall ab). Seltsamerweise muss man auch die meisten Schlüssel in der für uns verkehrten Richtung drehen...
Immerhin geht die Sonne im Osten auf und im Westen unter. Aber jetzt, wo es hier unten Winter ist (auch die Jahreszeiten sind verkehrt), ist der Sonnenaufgang im Nordosten und am Mittag steht die Sonne im Norden! Ganz ungewöhnlich für die Europäer – nur die Mitternachtssonne steht dort im Norden.
Um etwas Wärme zu tanken, reise ich deshalb in den Juliferien in den Norden, in Queensland ist immer noch 28 Grad (in Sydney haben wir nur noch 17 Grad) – das ist wie die Flucht aus dem winterlichen Europa ans Rote Meer.
Und wenn in der Schweiz Morgen ist, haben wir hier schon Abend. Heute und gestern geraten oft durcheinander. Wenn ich in der Pendlerzeitung am Nachmittag vom Resultat des Champions League-Finals heute lese, denke ich: Aber der war doch gestern! Das stimmt und stimmt nicht, denn er war am Abend des 25. Mai. Und da hatten wir in Australien schon fast die Hälfte des 26. Mai hinter uns. Verwirrlich, vor allem, wenn ich mit Leuten aus der Schweiz skype. Natürlich kann man ausrechnen, wieviel Uhr es im anderen Land jetzt ist, aber es bleibt doch schwer, es sich vorzustellen.
Nicht einmal der Mond hält sich an die gewohnten Regeln. Vor dem Neumond stand die Mondsichel am Morgenhimmel und formte frech ein Z (in Schnürchenschrift) für zunehmend, obwohl sie jeden Tag ein bisschen mehr abgenommen hatte. Und anfangs Woche der zunehmende Mond am Abendhimmel: das war doch ein A für abnehmend. Erst da beginne ich zu begreifen, dass ich wirklich, im Vergleich zu den Freunden, die in Europa geblieben sind, auf dem Kopf stehe.
Kein Wunder sind auch die Sternbilder anders. Markant das Kreuz des Südens, das die australische Fahne schmückt. Nach dem kleinen Wagen zu suchen, ist hier hoffnungslos, er steht unter dem Horizont. Ein paar bekannte Sternbilder sieht man zum Glück: Orion zum Beispiel jagt auch hier über den Nachthimmel. Und die Plejaden spielen als sieben Schwestern in der Aborigines-Mythologie eine wichtige Rolle.