Dienstag, 4. Juni 2013

Verhörer

Nach dem berühmten Vorbild der Freud'schen Versprecher kreiere ich hiermit die Hacke'schen Verhörer (nach Axel Hacke, der die besten im Buch "Der weisse Neger Wumbaba" und Fortsetzungen gesammelt hat – mit Illustrationen von Michael Sowa).
Dauernd verhöre ich mich hier. Schon bei der ersten Fahrt ins Stadtzentrum von Sydney wundere ich mich, dass in den Ansagen von einem runden Schlüssel, einem circular key, die Rede ist. Die Station heisst "Circular Quay" und ist wirklich eine Schlüsselstelle im Stadtverkehr: hier kann man von der metroähnlichen Vorortsbahn umsteigen auf die Fähren. Die Hafenbucht ist ja sehr gross mit all ihren Nebenbuchten, und je nach Ziel ist man mit der Fähre schneller dort als mit anderen Verkehrsmitteln.
An der Chatswood High School wird am Begrüssungstag für die neuen Schülerinnen und Schüler für die Musikabteilung ein Mister Meyrick auf die Bühne der hall gebeten. Es erscheint offensichtlich eine Frau. Ich denke schon, in der transgender-Frage ist man hier unten offener als in der konservativen Schweiz, und halb fühle ich mich schon wie in einem John Irving-Roman. Nachher stellt sich heraus, dass das Miss de Meyrick war.
Und ein ganz schlimmer Verhörer: beim montäglichen Morning Tea, eine Viertelstunde mit (zu)vielen Neuigkeiten, die man alle zur Kenntnis nehmen sollte, und zuwenig Tea, heisst es, eine Schülerin ist nächste Woche weg, man schickt sie ins death camp. Zum Glück stellt sich heraus, dass es sich um ein deaf camp, um ein Lager für Taube, handelt. Also wenn das so weitergeht mit mir und meinen Verhörern, senden sie mich ebenfalls dorthin.
Andererseits versteht man auch mich dauernd miss: Im RSL bestelle ich Cider (ich sehe an der Zapfsäule, dass es welchen hat) und sie verstehen Soda. Und im Café fragt die Barista mich, wie das Weekend war und ich erwähne die Reports, die ich im Moment zu schreiben habe. Sie versteht "poor" und macht sich schon Sorgen um meinen Gemütszustand.


Alte Verhörer: Im Police-Song habe ich jahrelang immer "I can't stand Lucy" verstanden (sozusagen als Antwort auf "Lucy in the sky with diamonts" von den Beatles), sie singen aber "I can't stand losing you". Und im Weihnachtslied "Oh, du fröhliche..." verstand ich als Kind immer "Freue dich, oh freue dich, oh Christ und Heid" (statt "Christenheit"). Aus welchen theologischen Gründen sich auch die Ungläubigen freuen sollten über die Geburt von Jesus, war mir alles andere als klar.



Das Zentrum von Chatswood morgens kurz vor acht Uhr

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